„Zügig reisen“! Mit dem „Canadian“ von Vancouver nach Toronto (Teil 3)

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Hallo und willkommen zurück! Schön, dass Ihr auch bei der dritten und letzten Etappe unserer Zugfahrt quer durch Kanada weiter dabei seid!

Nachdem wir British Columbia und Alberta hinter uns gelassen hatten, änderte sich die kanadische Landschaft komplett. Sowohl in Saskatchewan als auch in Manitoba herrschen weitläufige und sehr flache Präriegebiete vor. Auf Deutsch: „Man kann weit gucken! :-)“

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Mittlerweile waren wir unterwegs auf dem Weg nach Winnipeg, der Hauptstadt der Provinz Manitoba. Dort war ein längerer Stopp von rund einer Stunde vorgesehen, da ein größerer Teil der Passagiere dort den Zug verlassen würden und auf der anderen Seite auch andere Gruppen zusteigen würden, die den Rest des Weges mit nach Toronto fahren wollten. Unser Verspätungskontinent hatte sich nochmals erhöht, auf nunmehr rund 18 Stunden (!). Nun hieß es langsam mal rechnen: Eigentlich sollten wir ja planmäßig am Samstag Morgen um 09:30 Uhr in Toronto ankommen (was sowieso von vorneherein unmöglich war aufgrund des verspäteten Starts in Vancouver). Nun waren wir bei einer möglichen Ankunftszeit von 3.30 Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag angelangt. Zeit, unser Hotel zu stornieren, das wir für unsere erste Nacht in Toronto vorgesehen hatten, denn nur zum  Frühstück wollten wir eigentlich nicht einchecken. Andererseits machte man sich langsam Gedanken, was man denn in Toronto so anstellen würde, sollte man tatsächlich mitten in der Nacht am Bahnhof ankommen. Aber jetzt erstmal Winnipeg!

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Unser Steward Alan war für die „Bespaßung“ der Passagiere im Panoramawagen zuständig (u.a. hatte er mit uns einen Quiz veranstaltet, 15 Fragen waren zu beantworten, die erste Frage lautete: „Who killed Macbeth?“ Und wir als Theaterleute kamen nicht drauf! Zu peinlich! Ja, jetzt weiß ich auch wieder, dass es Macduff war :-)). Zudem kam er aus Winnipeg und wusste daher einiges über die Stadt zu berichten.

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Winnipeg als Hauptstadt der Provinz Manitoba kommt auf rund 660.000 Einwohner. Das reicht zwar nur für Platz 7 unter den größten Städten Kanadas, gleichzeitig sind es aber mehr als 50% der Bevölkerung der gesamte Provinz. Daran sieht man, wieviel Platz hier in der Mitte des Ahornlandes herrscht. Winnipeg beherbergt auch das „Kanadische Museum für Menschenrechte, das 2014 eröffnet wurde und sich nicht nur mit kanadischer Geschichte sondern vielmehr mit dem weltumspannenden Thema der Menschenrechte und deren Verletzungen (wie beispielsweise im Holcaust, beim Völkermord in Ruanda oder Armenien oder beim Massaker von Screbenica) beschäftigt. Sicherlich wäre das Museum einen Besuch wert gewesen; leider reichte dafür aber die Zeit unseres Aufenthalts in Winnipeg nicht aus. So blieb es bei einem kurzen Spaziergang, wo man sich nach rund 4 Tagen Zugfahrt endlich einmal die Beine vertreten konnte. Einen bedeutenden Kämpfer für die Menschenrechte haben wir dann in Winnipeg noch angetroffen.

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In Bahnhof Winnipeg wurden dann auch noch einmal die Vorräte für die letzte Etappe kräftig aufgefüllt, denn so langsam wurde wohl allen klar, dass die Verspätung nicht mehr in Stunden zu messen war, sondern dass wir vielmehr von einem ganzen Tag ausgehen mussten. Das hieß, die gesamte hungrige Meute (zu der wir ja auch gehörten) musste noch einmal mit Frühstück, Lunch und Dinner durchgefüttert werden.

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Und weiter ging es Winnipeg, auch wieder später als gedacht, da wir wieder mehrere Güterzüge passieren lassen mußten.

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Mittlerweile hatten wir ja eine ganze Menge unserer Mitreisenden im Zug näher kennengelernt, denn es ergaben sich bei den täglichen Mahlzeiten im Speisewagen als auch bei den vielen Stunden, die man im Panoramawagen gemeinsam verbrachte, immer wieder Gelegenheiten zu interessanten Gesprächen. Ein wirklich bunte Truppe war da unterwegs nach Toronto (in der wir – von einigen Ausnahmen abgesehen- eher noch zu den Jüngeren gehörten): Ein pensionierter Angehöriger der australischen Armee nebst Gattin, ein Psychologe aus Florida -ebenfalls in weiblicher Begleitung-, ein äußerst nettes Ehepaar aus Großbritannien (ja auch im Brexit-Country gibt es angenehme Überraschungen) und ein Kanadier aus Quebec, der die Reise bereits schon einmal mit Frau und Kind gemacht hatte und sie nun mit seiner Mutter wiederholte, wobei er während der Reise munter zwischen den Sprachen Englisch und Französisch wechselte. Wir alle waren ja quasi eine Schicksalsgemeinschaft, gemeinsam ergeben und ausgeliefert der Verspätung, die nunmehr locker auf die 24 Stunden ging. Währenddessen hatte sich das Bild draußen vor den Fenstern des Zuges mal wieder gewandelt. Nach den weiten Ebenen von Manitoba waren wir nun in der Provinz Ontario angelangt, sozusagen im Land der 1000 Seen, wie es sich eindrucksvoll da draußen dem vorbeifahrenden Zug und seinen Insassen präsentierte.

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Hier könnte der Zug jetzt doch eigentlich noch mal halten…

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Oder hier….?

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Oder vielleicht doch hier…?

Aber jetzt wurde nicht mehr gehalten, es ging immer weiter Richtung Toronto. Bald legte sich wieder die Abendstimmung über das vorbeiziehende Land und es wurden allen klar, dass wir auf jeden Fall noch eine Nacht länger als geplant an Bord bleiben würden, ja, es würde sogar am Sonntagmorgen noch einmal Frühstück geben.

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Als Ankunftszeit hatte man jetzt 10:30 angepeilt, satte 25 Stunden zu spät. Aber ganz ehrlich: Wir waren jetzt froh, dass es 25 und nicht beispielweise nur 17 oder 18 Stunden geworden sind, denn dann wären wir tatsächlich mitten in der Nacht in Toronto angekommen. So konnten wir noch in Ruhe ausschlafen und ein letztes leckeres Omelette im Speisewagen zu uns nehmen, bevor der Zug dann tatsächlich gegen 10:30 am Sonntagmorgen im Bahnhof Toronto einlief. Über den Bordlautsprecher gab der Zugleiter noch kurz vorher bekannt, dass man „darauf verzichten würde, die zusätzliche Nacht sowie das Frühstück extra zu berechnen“. Wir haben alle herzlich gelacht, so ein Scherzbold!! Aber wer weiß, vielleicht meinte er es ja ernst :-).

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Ein letzter Blick aus dem Panoramawagen nach vorne, dann hieß es langsam Abschied nehmen…

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Nun war unser Abenteuer „Zugfahrt durch Kanada“ so gut wie überstanden und wir hatten keine Minute davon bereut, trotz der Verspätungen (im Gegenteil: Dadurch hatten wir noch länger Gelegenheit, die wunderbaren Aussichten zu genießen). Jetzt hieß es nur noch im Bahnhof, das Gepäck wieder entgegenzunehmen und dann wieder in ein Leben zurückzukehren, das nicht ständig in Bewegung nach vorn ist (na ja „ständig“ ist jetzt auch übertrieben, man denke an die Güterzüge :-)).

Ob ich die Reise weiterempfehlen würde? Auf jeden Fall!! Vorausgesetzt, man bringt die nötige Zeit und Geduld mit und bucht sich nicht direkt einen Anschlußflug o.ä. (Auch solche Gäste waren an Bord und die bekamen natürlich aufgrund der immensen Verspätung schon einige Panik). Hier ist die Reise selbst das Ziel, sie zeigt einem das wunderbare Land Kanada in all seiner Schönheit und Pracht und lehrt Demut vor Entfernungen, die man mit einem gewöhnlichen Flug so gar nicht erfahren kann. Wenn man das alles berücksichtigt, kann diese Zugreise eine sehr bereichernde Erfahrung werden….so wie für uns!

Da wir nun am 1.Juli -und nicht wie vorgesehen am 30. Juni- in Toronto ankamen, platzten wir quasi mitten in die Feierlichkeiten des „Canada Days“ rein. Was es damit auf sich hat? Das erfahrt Ihr in meinem nächsten Blogbeitrag. Für heute möchte ich schließen und hoffe, dass ich Euch ein klein wenig mitnehmen konnte auf diese ungewöhnliche Zugfahrt. Ich sage, bis bald und wie immer am Schluß….

….Wir lesen uns….

Dann mit Neuigkeiten aus Toronto!

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