„Zügig reisen“ – Mit dem „Canadian“ von Vancouver nach Toronto (Teil 1)

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Hallo liebe Leserinnen und Leser und herzlich willkommen zurück!

Heute möchte ich erste Eindrücke unseres Abenteuers „Zugfahrt durch Kanada“ mit Euch teilen. Und eine Sache mal vorneweg: Ich werde mich nie mehr, in Worten: „NIE MEHR“ aufregen, wenn ein Zug der Deutschen Bahn mal „ein paar“ Minuten haben sollte. Denn was auf unserer Fahrt von Vancouver nach Toronto an „delay“ zusammenkam, da würde sogar Dr. Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der DB, blass vor Neid werden. Doch dazu später mehr.

Bahn-Warnstreiks-Karlsruhe

Als wir vor gut einem Jahr damit begannen, unsere Reise nach Kanada zu planen, war uns schnell klar, dass wir hier ein riesiges Land vor uns hatten, das die (räumlichen) Dimensionen aller unser bisherigen Reiserfahrungen sprengen würde. Nachdem wir uns dann für die „Sunshine Coast“ als festen Standort entschieden hatten, an dem wir länger verweilen wollten (eine sehr gute Entscheidung, wie ich hier ja bereits hier aufgeführt hatte: https://sabbatkr.wordpress.com/2018/07/02/auf-der-sonnenseite-des-lebens/), wollten wir aber auch die Größe und Weite des Landes unmittelbar erfahren. Ein Flug kann dieses Gefühl nicht wirklich vermitteln, tausende von Kilometern mit den PKW zu „fressen“ war jetzt auch nicht so unser Ding. Warum also nicht den Zug nehmen?

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Schnell wurde uns dann klar, wenn wir wirklich Kanada als ganzes Land auch annähernd erfahren wollten, dann sollten wir den „Great Western Way“ wählen, ein Zugstrecke, die von der staatlichen kanadischen Eisenbahngesellschaft VIA betrieben wird.  Einmal pro Woche wird hier eine Zugverbindung angeboten, die Dich von Vancouver ganz im Westen Kanadas über mehr als 4.500 Schienenkilometer bis nach Toronto  „planmäßig“ (auf dieses Wort kommen wir noch zurück) in 4 Nächten und 3 Tagen „durchgehender“ (auch der Begriff wäre noch besprechen) Zugfahrt bringt.

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Startet man den „Great Western Way“ in Vancouver, verläuft dieser zunächst durch die Provinz „British Columbia“, überquert die kanadischen Ausläufer der „Rocky Mountains“, gelangt ins idyllische „Alberta“, durchquert die weitläufigen Präriestätten der Provinzen „Saskatchewan“ und „Manitoba“, bevor man nach „Ontario“ in das Land der 1000 Seen gelangt und letztendlich Toronto erreicht. Was sich hier so kurz und knackig liest, ist dann in der Realität des Reisens aber eine ganz andere Erfahrung…

great western way

VIA bietet hier ihren Kunden -je nach verfügbarem Budget- verschiedene Möglichkeiten des Reisens an: Von der „Economy Class“ (d.h. nur ein einfacher Sitzplatz während der gesamten Reise) bis hin zur Luxusversion „Prestige Class“ (mit eigener Kabine und persönlichem Waschraum/Toilette, das Ganze zum Preise einer 14tägigen Kreuzfahrt :-). Wir entschieden uns für den „Mittelweg“ und buchten „Sleeper Plus“, d.h. zwei Sitzplätze, die für die Nächte vom für das Abteil zuständigen Steward in 2 Schlafplätze in Etagenbett-Format („Lower and Upper Berth“) umgewandelt wurden. Mit einem verschließbaren Vorhang hatte man dann quasi seinen eigenen privaten Bereich und eine perfekte Schlafkabine mit Waschräumen und Dusche gleich nebenan.

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Los ging es von der „Vancouver Pacific Central Station“, einem sehr schönen alten Bahnhof in der Nähe von Downtown Vancouver, in dem aber wenig Betrieb herrschte, da von hier aus tatsächlich nur die Langstreckenzüge abfahren. Insofern war hier am Dienstagmorgen von einer hektischen Betriebsamkeit, wie sie man beispielsweise vom Kölner HBF kennt, nichts zu spüren. Alles sehr entspannt!

Auch wir waren sehr entspannt, hatten wir doch erfahren, dass wir vor Ort schon am Dienstag morgen unser Gepäck für den Zug abgeben konnten, obwohl die Abfahrt erst für abends 20:30 Uhr terminiert war. Sehr komfortabel! So hatten wir quasi den Rücken frei für einen weiteren Tag im sonnigen Vancouver. Allerdings erfuhren wir dann vom freundlichen Herrn bei der Gepäckaufgabe in der „Pacific Central Station“, den wir am Dienstag Vormittag gegen 11:00 aussuchten, dass sich die Abfahrt des Zuges am Abend „etwas“ verzögern würde…genauer gesagt, um 3 1/2 Stunden, d.h. der neue Abfahrtszeitpunkt war für Mitternacht angesetzt. Auch in puncto „Verspätungen“ denkt man in Kanada anscheinend in großen Dimensionen. Also mehr als genug Zeit, noch einmal die schönen Seiten von Vancouver zu genießen und sich beispielsweise noch „Chinatown anzuschauen!

Nachdem wir uns tagsüber noch einmal zur Sicherheit telefonisch bei VIA erkundigt hatten und uns bestätigt wurde, dass der Zug tatsächlich erst um Mitternacht starten würde, waren wir trotzdem am Abend gegen 21:00 Uhr wieder am Bahnhof, des Laufens durch Vancouver nach rund 10 Stunden wohl etwas müde. Außerdem gab es im Bahnhof ja eine „Lounge“ für „Sleeper Plus“ Kunden, wo wir vorhatten, es uns für die letzten Stunden bis zur Abfahrt gemütlich zu machen. Das dachten wohl auch viele andere Bahnfahrer und so hatten wir Glück, noch zwei „Indoor“-Plätze ergattern zu können, während die weiteren Neuankömmlinge bereits draußen auf dem Bahnsteig Platz nehmen mussten. (Allerdings war der Abend sehr mild und VIA reichte aufgrund der besonderen Situation Snacks und Häppchen, so dass die Stimmung insgesamt recht positiv trotz der angepeilten 3 1/2 Stunden Verspätung.)

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Gegen 23.40 Uhr ergab sich dann eine allgemeine Aufbruchstimmung und alle strebten dem Zug, respektive ihrem reservierten Waggon entgegen. Auch wir machten uns auf die Socken und hielten dann auf dem Bahnsteig Ausschau nach „unserem“ Wagen Nr. 213. Der Weg dorthin entpuppte sich als längerer Fußweg, so dass man fast das Gefühl hatte, man würde die Strecke nach Toronto jetzt einfach laufen….

Die Züge sind schon wirklich ziemlich lang. Hier ein Foto, das wir während unserer Fahrt bei einem Zwischenstopp in Saskatoon aufgenommen haben.

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Doch zurück zum Beginn unserer Reise: Endlich angekommen und eingestiegen in unserem Waggon, erwartete uns unser freundlicher Steward Steven, der für unser Abteil zuständig war und bereits die „Schlafgemächer“ -wie oben beschrieben- hergerichtet hatte. Und so begann unsere Reise auf dem „Great Western Way“ mitten in der Nacht mit reichlich Verspätung, aber auch mit viel Vorfreude auf den vor uns liegenden Weg. So richtig einschlafen konnte und wollte man am Anfang nicht, aber irgendwann hatte man sich auch an das Geruckel des Zuges gewöhnt, das einen mal mehr, mal weniger sanft in den Schlaf schaukelte. Frühmorgens wurde ich dann aber auch wieder wach und konnte aus dem Abteilfenster in meiner „Lower Berth“ erste Blicke auf die Morgendämmerung in British Columbia werfen.

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Morgendämmerung am Bahnübergang

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Faszinierende Brückenkonstruktionen

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Entlang des Fraser River

Ein kurzer Blick auf Google Maps zeigte mir auf meinem Handy-Display, dass sich der blaue Punkt „Mein Standort“ gerade mal gefühlt einen Millimeter von Vancouver entfernt hatte, trotz rund 6 Stunden Zugfahrt und trotz der Tatsache, dass wir uns -den Blick aus dem Fenster entsprechend- bereits mitten in der kanadischen Wildnis befanden. In diesem Moment wurde mir nochmal die Größe des Landes und die Länge der uns bevorstehenden Reise so richtig bewusst! Übrigens: GPS war auch das Einzige, was hier noch funktionierte. An Bord gab es kein W-Lan und mobiles Netz war über weite Strecken hier im kanadischen Nirwana auch nicht zu empfangen. Dergestalt offline zu sein, hatte aber auch sein Gutes, denn so verpasste ich um 07.00 Uhr morgens Ortszeit im Zug samt und sonders das grausame Gekicke der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Südkorea. Ich Glücklicher! Es reichte völlig aus, dass ich mir später das Ergebnis von meiner Mutter telefonisch durchsagen ließ. Statt 90 Minuten verschenkter Lebenszeit konnte ich mich nun darauf konzentrieren, was uns in den nächsten Tagen Zugfahrt noch regelmäßig beschäftigen würde: Die Nahrungsaufnahme 🙂

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Da wir „Sleeper Plus“ gebucht hatten, kamen wir auch in den Genuss der Vollverpflegung durch das bordeigene Gastroteam im eigens dafür vorgesehenen Speisewagen. Und diese „Vollpension“ war wirklich erstklassig. Wir starteten mit einem wunderbaren Frühstück in unserem ersten Morgen an Bord des „Canadian“. Ob Pancakes, pochierte Eier, Omelette oder Müsli, hier kam jeder auf seine Kosten. Dabei der Ausblick auf die vorbeirasende Landschaft…man hat schon schlechter gefrühstückt 🙂

Derart gestärkt erklommen wir danach den Panoramawagen, der uns mit seiner Rundumverglasung jederzeit einen umfassenden und ungehinderten Blick auf unsere Umgebung ermöglichte.

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Die verspätete Abfahrt war da längst vergessen. Außerdem: Wir hatten ja Zeit. Kein Termin, keine dringende Angelegenheit, keine direkt Weiterfahrt, die am Ziel in Toronto auf uns warten würde. Hier war die Reise bereits selbst das Ziel geworden, kein einfacher Transport von A nach B, sondern eine entspanntes Dahingleiten in der Zeit und in der Landschaft.

Es ging weiter in Richtung der Rocky Mountains, während wir Stunden um Stunden im Panoramawaggon saßen und Kanada in seiner ganzen Schönheit an uns vorbeizog.

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Hier möchte ich erst einmal enden, ich hoffe, meine ersten Eindrücke von unserer Zugfahrt haben Euch gefallen. Es gibt noch viel zu berichten und viele Fotos zu betrachten, davon dann mehr im 2. Teil. Wir müssen jetzt erstmal zum Mittagessen, der Speisewagen ruft wieder 🙂

Bis bald, wenn es heißt „Zügig reisen – Teil 2“!

Wir lesen uns…..

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