Auf der Sonnenseite des Lebens….

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Hallo liebe Netzgemeinde, heute melden wir uns noch einmal kurz aus British Columbia, genauer gesagt aus Vancouver, von wo es heute Abend mit dem Zug („The Canadian“) quer durch Kanada Richtung Toronto geht. In 4 Nächten und 3 Tagen ununterbrochener Zugfahrt werden wir dann die wahre Größe des Landes mit dem Ahornblatt in der Flagge kennenlernen. Ein großer Kontrast zu dem, wie wir die vergangenen vier Wochen verbracht haben. Diese wunderbare Zeit an der sogenannten „Sunshine Coast“ war sozusagen „Kanada en miniature“.(*)

(*)Anmerkung: Dieser Blogbeitrag wurde am 26. Juni 2018 verfassst. Da ich ihn allerdings vor meiner Zugfahrt nicht online gestellt hatte, kommt die Veröffentlichung nun etwas später direkt aus Toronto. Während der Zugfahrt waren wir nämlich tatsächlich 5 Tage lang offline, kein W-Lan, kein Netz. Auch mal ganz schön! So blieb uns beispielsweise erspart, das Spiel gegen Südkorea zu sehen…  Wieso 5 Tage?? Nun, es gab gewisse Verspätungen, darüber mehr in meinem nächsten Blogbeitrag.

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Aber nun zurück zum Thema: Nun, was eigentlich genau ist die „Sunshine Coast“ und wo befindet sie sich?

Die offizielle Bezeichnung für diese Region lautet „Sunshine Coast Regional District“. Hierbei handelt es sich um einen Bezirk der kanadischen Provinz British Columbia (BC). Die Region ist nördlich von Vancouver gelegen und -obwohl keine Insel- nicht auf normalen Autostraßen zu erreichen sondern ausschließlich über Fähren oder per Wasserflugzeug. Das verleiht der Gegend trotz der Nähe zu Millionenmetropole Vancouver einen Hauch von Abgeschiedenheit und macht sie attraktiv für Reisende, die genau diese Atmosphäre und Naturnähe suchen. Im Verhältnis zum Rest der riesigen Provinz BC ist die Sunshine Coast vergleichsweise winzig, wie das nachfolgende Bild zeigt:

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Der „Sunshine Coast Regional District“ in Zahlen: Auf  rund 3.773. km² leben gerade mal rund 30.000 Menschen. Zum Vergleich: Luxembourg ist mit rund 2.586  km² zwar um einiges kleiner, hat dafür aber das 20fache an Einwohnern. Wer jemals in Luxembourg „übers Land“ gefahren ist, wird festgestellt haben, dass hier trotzdem nicht gerade eine Überbevölkerung herrscht. Um so mehr kann man sich vorstellen, wie „menschenleer“ und voll unberührter Natur die Sunshine Coast sein muss, kommt man doch hier gerade mal auf 8 Einwohner pro km².

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Nun ist es ja nicht so, dass an der „Sunshine Coast“ überhaupt nicht los wäre. Das ein oder andere Städtchen gibt es hier schon zu entdecken. Sechelt, beispielsweise, rund 35 km von der der Fähre weiter nordwärts gelegen, ist mit rund 10.000 Einwohnern die größte Stadt an der Coast und so etwas wie die „Metropole“ an diesem hübschen Flecken Erde. Sechelt diente auch uns als Heimat in den vergangenen vier Wochen, konnte man doch von hier aus prima den Rest der Region erkunden (ein Auto vorausgesetzt) oder man blieb einfach mal daheim und genoß den prächtigen Ausblick auf den „Sechelt Inlet“, gerade beim Frühstück eine feine Sache.

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Begibt man sich weiter nordwärts von Sechelt, gelangt man nach rund 30 min Fahrt nach „Pender Harbor“, einem weitverzweigten Küstengebiet mit vielen Buchten und vorgelagerten Inseln, das sich wunderbar vom Wasser als auch von Land aus erkunden lässt. Viele Tierarten, wie z.B. den Weißkopfseeadler, kann man hier oft beobachten. Wer also Pender Harbor umfassend entdecken möchte, sollte daher ruhig öfters einen Tagesausflug dorthin einplanen, sei es für eine Bootstour mit der „Slowcat“ (und einer sehr kundigen Boots-Führerin, die allerhand Wissenswertes über die Bucht zu berichten weiß) oder für einen knackigen und etwas schweißtreibenden Aufstieg auf den „Mount Daniel“ oder den „Pender Hill“, wo man dann aber mit traumhaften Ausblicken auf die gesamte Umgebung von „Pender Harbor“ belohnt wird.

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Noch weiter nach Norden wird es dann immer einsamer und menschenleerer, bis man nach  „Egmont“ gelangt, ein kleines Fischerdorf an der Nordspitze der „Sechelt Pensinsula“. Idyllisch und wirklich nicht überlaufen.

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„Egmont“ dient vielen Reisenden als Ausgangspunkt für eine besondere Wanderung. Denn von hier aus geht es in rund einer Stunde über einen schönen Waldweg zu den „Skookumchuck Narrows“. Dieses fast unausprechliche Wort (ich habe es jedenfalls nie richtig hinbekommen) stammt aus der Sprache der hier ansässigen Ureinwohner, der „First Nation People“ und setzt sich zusammen aus skookum = stark, kräftig, wild und chuck = Wasser. Die sinngemäße Übersetzung wäre also in etwa „Wildwasser“. Und das ist wirklich eine passenden Bezeichnung, denn die „Skookumchuck Narrows“ sind die einzige Verbindung zwischen dem Sechelt Inlet mit seinen beiden Seitenfjorden Salmon Inlet und Narrow Inlet  sowie dem pazifischen Ozean. Daher ensteht an dieser Stelle aufgrund der Gezeiten, Ebbe und Flut regelmäßig ein Austausch von gewaltigen Wassermassen (bis zum 750 Millionen Kubikmeter), der damit den „Skookumchuck“ nach dem „Saltstraumen“ in Norwegen zur schnellsten Geizeitenstromschnelle der Welt macht.

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Um den besten Ausblick auf diese grandiosen Naturschauspiel zu haben, begibt man sich von Egmont aus entlang des „Brown Lake“ auf den Weg durch ein prächtig grün-schillerndes Waldgebiet bis hin zum „Roland View“, von wo man aus dann wagemutigen Kajakfahren inmitten der Stromschnellen „bei der Arbeit zuschauen“ kann.

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Zur Nachahmung nur bedingt empfohlen :-). Die Leute, die sich hier ins Wasser begeben, kommen teils von weit her zur „Sunshine Coast“ und sind echte Könner in ihrem Fach. 

Wer die „Sunshine Coast“ noch weiter nördlich von Egmont erkunden möchte, der muss dann wieder die Fähre nehmen (ab Earl’s Cove), dann geht es weiter u.a. nach Powell River und Lund (worüber ich ja schon in meinen früheren Blogbeiträgen geschreiben habe.

https://sabbatkr.wordpress.com/2018/06/19/lund-anfang-oder-ende/

https://sabbatkr.wordpress.com/2018/06/16/105-jahre-kinogeschichte/

Auch hier finden sich immer wieder herrlich einsame Stellen, wo man einfach mal für sich eine ganze Zeit die Aussicht aufs Meer genießen kann.

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Zurück nach Sechelt, denn hier gibt es noch so einiges zu entdecken: Zum Beispiel den „Botanischen Garten“. Nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einer privaten „Community“ erstellt und gepflegt, findet man hier keine akkurat gesetzten Blumenbeete sondern noch viel ursprüngliche und eher wilde Natur sowie reichlich Platz. Selbst Bären sind hier keine Seltenheit! (Bei unserem Besuch ließ sich aber keiner blicken.)

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Bienen sind hier genauso zu Hause wie so manch anderer Vertreter der heimischen Tierwelt.

Nicht weit entfernt vom „Botanischen Garten“ befindet sich dann die „Bricker Cider Company“. Hier wird ein erstklassiger Cider gebraut, die erforderlichen Rohstoffe werden dafür teils direkt auf dem eigenen Farmgelände angebaut. Und in einer netten kleinen Probierstube kann der Besucher von den Produkten kosten, bevor er dann die ein oder andere Flasche mit nach Hause nimmt.

Die „Bricker Cider Company“ ist -wie viele andere lokale Unternehmen auch- auf dem wöchentlich stattfindenden „Sechelt Farmers‘ & Artisans‘ Market“ vertreten. Hier lohnt sich am Samstag Mittag auf jeden Fall ein Besuch, denn  köstliche Produkte aus einheimischen und biologischen Anbau können hier ebenso erstanden werden wie Kunsthandwerk aus der Region. Und für die ganz Hungrigen gibt es auch den ein oder anderen Snack direkt vor Ort. Empfehlen kann ich das Linsengemüse mit Kurkuma – köstlich!

Nach so vielen kulinarischen Genüssen ist es natürlich wichtig, sich mal wieder zu bewegen. Zum Beispiel: Wandern! Denn dafür ist die „Sunshine Coast“ wirklich bestens geeignet. Ein riesiges Netz an „Hiking Trails“ durchzieht das Gebiet, das sich selbst in 4 Wochen auch nicht nur annähernd durchwandern läßt. Dazu kommt der noch rund 180 km lange Fernwanderweg „Sunshine Coast Trail“, der nördlich von Lund beginnt und in den Süden bis nach Gibsons runter führt. Ich hatte meiner Begeisterung ja schon Ausdruck verliehen in meinem Blogbeitrag:

https://sabbatkr.wordpress.com/2018/06/11/wanderlust-ii-jetzt-auch-in-kanada/

Auch unsere letzten Tage an der „Sunshine Coast“ waren geprägt von wunderbaren Wanderungen, auf denen wir über Stunden keine anderen Menschen trafen, dafür gab es die ein oder andere unvermutete Begegnung mit sonstigen „Bewohnern“:

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Was einem auffällt beim Wandern, ist die Unzahl an Warnhinweisen. Alles geschieht hier „auf eigene Gefahr“. Man merkt, dass man sich auf dem nordamerikanischen Kontinent befindet und ähnlich wie in den USA fürchtet man in Kanada wohl nichts so sehr wie kostspielige Prozesse mit millionenschweren Schadensersatzforderungen. Daher schließt man alle Haftung möglichst von vorneherein aus und verweist schon mal darauf, dass Wandern tendenziell „tödlich“ sein könnte. Ja, wenn man hier so den Schilderwald sieht, könnte man schnell auf den Gedanken kommen, dass Wandern in Kanada eine echte Extremsportart ist. Bis auf den ein oder anderen Kratzer an wilden Brombeersträuchern haben wir hier aber alles gut überstanden, wir werden daher von einer Klage gegen den kanadischen Staat absehen 🙂

Wir sind sehr glücklich, dass wir die „Sunshine Coast“ für uns entdeckt haben. Wenn man sich entschließt, für gut 1  1/2 Monate nach Kanada zu gehen, wird man es trotz dieses doch sehr umfangreichen Zeitkontingents kaum schaffen, dieses große Land auch nur annähernd in all seinen Facetten zu erfassen. Daher war die Wahl und Konzentration auf ein relativ überschaubares Gebiet (ok, auch 3.773. km² sind nicht wirklich überschaubar :-)) genau das Richtige. Hier haben wir vieles gefunden, was das Land Kanada ausmacht: Unberührte Natur, prächtige Ausblicke auf Seen und Ozeane, wildwuchernde Urwälder, Begegnungen mit „Wildlife“, die Kultur der „First Nations People“, Jazz- und Blues-Festivals und nicht zu vergessen: viele Begegnungen mit Kanadiern, die sich als ein ausgesprochen freundliches, offenes und interessiertes Volk für uns darstellten. Hier möchten wir an erster Stelle Monika und Richard nennen, die sich am „Sechelt Inlet“ ein kleines Paradies geschaffen haben und denen wir zu verdanken haben, dass wir 4 Wochen an diesem wunderbaren Ort verbringen konnten.

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So, ich hoffe, ich habe Euch ein wenig neugierig gemacht!  Noch ist die „Sunshine Coast“ ein Geheimtipp und selbst vielen Kanadiern nicht bekannt, die es dann eher zum größeren „Vancouver Island“ zieht. Wenn Ihr mal über eine Reise nach Kanada nachdenken solltet, vielleicht lest Ihr dann vorher nochmal diesen Blogbeitrag.  Es lohnt sich, versprochen! Denn hier befindet man sich wirklich auf der „Sonnenseite des Lebens“!

Das war es für heute von mir. Nun geht es zurück nach Vancouver und von dort auf große Zugreise durch das ganze Land nach Toronto. Über 4.500 km Schienen liegen vor uns! Was wir da so alles erlebt haben, gibt’s dann in meinem nächsten Blogbeitrag!

Wir lesen uns…..

 

 

 

Wer Bier trinkt, hilft der Landwirtschaft….

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…dieser „schlaue“ Spruch hing seinerzeit in der „Kulturküche“ unseres Theaters PODIO in Königshof und er kam mir jetzt wieder in den Sinn, als wir die „Persephone Brewery“ in Gibsons an der „Sunshine Coast“ in Kanada, British Columbia besuchten.

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Und damit herzlich willkommen zurück auf meinem kleinen, aber feinen Reiseblog, liebe Leserinnen und Leser! Noch immer befinden wir uns in Kanada und dieses Mal geht es in die kleine Stadt Gibsons an der Südspitze der „Sechelt Peninsula“. Dort waren wir zu Gast in der „Persephone Brewery“, eine von drei Craft-Beer-Brauereien, die sich allein in Gibsons angesiedelt haben. Und in Vancouver, das von Gibsons mit der Fähre in rund einer Stunde zu erreichen ist, sind weitere 25 (!) Brauereien in Betrieb, die „handgemachtes“ Bier herstellen. Man sieht (und schmeckt es): Craft-Beer boomt hier. Von British Columbia aus hat sich der Trend in ganz Kanada ausgebreitet und mittlerweile bietet sich hier eine Vielfalt und Raffinesse an, die den Deutschen mit seinen austauschbaren Industriebieren schon neidisch machen kann.

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Auf die „Persephone Brewery“ waren wir schon bei unserer Ankunft auf der „Sechelt Peninsula“ aufmerksam geworden, als wir hier vor rund 4 Wochen auf dem Highway 101 zum ersten Mal vorbeifuhren und uns die großzügig angelegten Hopfenfelder auffielen. Eine Craft-Beer-Manufaktur, die ihren Rohstoff direkt auf dem Gelände neben den Braukesseln anbaut? Das machte uns dann neugierig und wir nahmen Kontakt mit Roo Miller auf, der für die Organisation des Schankraums („Tasting Room“) der Brauerei zuständig ist und uns herzlich zu einer exklusiven  Tour durch die gesamte „Persephone Brewery“ einlud.

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So machten wir uns vor zwei Tagen aus unserer derzeitigen Wahlheimat Sechelt ins rund 30 km entfernte Gibsons auf und wurden im „Tasting Room“ von Roo freundlich empfangen, der uns natürlich auch direkt fragte: „Which beer do you want to taste first?“ Gar nicht so leicht zu entscheiden, wenn man sich die Vielfalt des Angebots anschaut. Wir entschieden uns dann für einen „Probeschluck“  vom „Black Lager“. Malzig, dunkel, stark…einfach gut. (Oder wie es in der offiziellen Produktbeschreibung heißt. „A full bodied dark lager. Roasty, clean and chocolaty with a graham cracker finish.“)

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Derart gestärkt, nahm Roo uns sodann mit auf die Tour über das Brauereigelände. Kurz wurden wir noch von einem einheimischen Gast im Schankraum angesprochen, der erkannt hatte, dass wir aus „Germany“ stammen und uns auf Deutsch mitteilte, dass sein Vater ursprünglich aus Düsseldorf käme. Und er selbst hätte auch schon Düsseldorf besucht und dabei so manches Altbier in der Altstadt verkostet. Tja, die Welt ist manchmal wirklich klein. 🙂

Aber nun ging es raus mit Roo, zunächst in die Hopfenfelder, die wir schon vom Highway aus gesehen hatten. 3 verschiedene Sorten Hopfen werden hier angebaut, u.a. die Sorte „Cascade“. Diese Sorte ist sehr beliebt in der Craftbrewer-Szene, da sie ein ausgeprägtes blumiges und würziges Aroma besitzt, die beim Brauen eine sehr milde Bitternote freisetzt. Bis zu 6 m hoch werden die Hopfengewächse, bevor es im Spätsommer an die Ernte geht. Hierbei gibt es dann viele fleissige Hände zur Unterstützung aus der einheimischen Szene der Craft-Beer-Liebhaber, denn Hopfenernte ist hier noch echte Handarbeit.

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Doch der hier angebaute Hopfen reicht bei weitem nicht mehr aus, um die Produktion der „Persephone Brewery“ zu decken. Rund 500.000 Liter jährlich werden hier mittlerweile im 5. Jahr des Bestehens gebraut. Das ist schon ein gewaltiger Batzen für eine „Micro“-Brauerei. Die Ausstoßmenge verteilt sich dabei auf sechs Standardbiere, die das ganze Jahr über angeboten werden, sechs weitere „Seasonal Beers“, die jeweils nur einmal pro Jahr gebraut werden sowie Spezialbiere. Daher wird der weitere Bedarf an Hopfen durch Zukauf aus den Vereinigten Staaten gedeckt, wobei „Persephone“ stets auf den höchsten Qualitätsstandard bedacht ist. Im „Hopfenraum“ durften wir dann einzelne Pellets in die Hand nehmen und „beschnuppern“. Ein sehr intensives Aroma von Zitrusfrüchten umschmeichelte dabei unsere Nase.

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Hier wird der kostbare Stoff gelagert….

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Schon diese wenigen Krümel geben ein sehr intensives Aroma ab.

Und weiter ging die Tour mit Roo: Eine Besichtigung der eigentlichen Brauerei, der Gärtanks und des Lagerraums incl. der Etikettier- und Abfüllanlagen durfte natürlich nicht fehlen.

Auch im Bereich der Abfüllung und Etikettierung ist hier vieles noch Handarbeit…..“Craft-Beer“ eben..

 

Anschließend ging es dann mit Roo in den Bereich, der die „Persephone Brewery“ wirklich zu etwas Besonderem macht: Das Farmgelände. Denn „Persephone“ versteht sich nicht nur als Brauerei, sondern als ganzheitliches, auf die Landwirtschaft ausgerichtetes Unternehmen, das nicht nur teilweise seine Rohstoffe fürs Bier selbst anbaut, sondern darüber hinaus auch eine große Vielfalt an Salat und Gemüse erzeugt.

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Feinster Mangold

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„Red Kale“ im Sonnenlicht

„Persephone“ bietet ihren Kunden sogenannte „Beer Farm Food Boxes“ an, quasi ein Gemüse-Abonnement, bei Bedarf auch zusätzlich mit Bier erweiterbar. Dabei gibt es für 22 Wochen, startend im Mai, im Ramen des Community Supported Agriculture (CSA) Programms gegen entsprechenden Mitgliedsbeitrag wöchentlich eine Kiste mit saisonalem Gemüse aus eigenem Anbau auf dem Farmgelände von „Persephone“. Eine wirklich tolle Idee. Würden wir dauerhaft wohnen, wären wir schon längst Mitglieder.

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Obwohl nicht zertifiziert, achtet „Persephone“ sowohl beim „organic“ Gemüseanbau als auch beim Brauen stets auf Nachhaltigkeit und verantwortliches Handeln der Natur gegenüber. Der Wasserverbrauch für die Produktion von einem Liter Bier konnte so hier um rund die Hälfte gegenüber den in der Industrie üblichen Mengen gesenkt werden.

Nach einem Rundgang über das Farmgelände ging es dann wieder zurück zum „Tasting Room“, denn jetzt war höchste Zeit, doch noch einmal von den ein oder anderen Produkten, die an diesem wunderbaren Ort hergestellt werden, zu kosten. Wir entschieden uns für ein sogenanntes „Flight“, das sind 4 verschiedene Biere in Probiergläser ausgeschenkt. So hatten wir die Möglichkeit -autofahrergerecht- noch einmal die Vielfältigkeit des Angebots zu kosten.

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Dazu gab es -frisch aus dem Ofen- leckeres Brot belegt mit Knoblauchquark und Gurken – natürlich aus heimischen Anbau! Lecker!

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Im „Tasting Room“ verabschiedeten wir uns dann herzlich von Roo, der uns sehr engagiert und informativ mehr als eine Stunde durch das Gelände geführt hatte. Er ist einer von rund 20 Angestellten, die dafür sorgen, dass „Persephone“ an jedem Tag wirklich ein Besuch wert ist. Sei es wegen der hochwertigen Produkte,  die hier angeboten werden oder der tollen Atmosphäre im „Tasting Room“ und im Außengelände, wo man es sich im „Beer-Garden“ gemütlich machen kann. Ein Ort, an dem man gerne verweilt.

Mittlerweile wurde es auch richtig voll im „Tasting Room“, denn heute war „Growler Day“, dabei bringen die Craftbeer-Liebhaber ihre gläserne Bierkannen („Growler“) vorbei, um diese auffüllen zu lassen. Ein weitere Art, für echte Nachhaltigkeit zu sorgen und Müll zu vermeiden. Voraussetzung: Die Mitgliedschaft im „Growler Club“:

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Nun, ein solche Mitgliedschaft würde sich dann für uns doch nicht lohnen, da wir in wenigen Tagen die „Sunshine Coast“ Richtung Vancouver verlassen werden. Aber ein „Honey Farmhouse Ale“ wanderte noch in unseren Einkaufskorb.

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Übrigens, so ein „Bier“ dürfte in Deutschland nicht hergestellt werden, zumindest dürfte es nicht Bier genannt werden, da es aufgrund der Zugabe von Honig gegen das Reinheitsgebot von 1516 verstossen würde. Roo war übrigens fassungslos, als er von uns hörte, dass dieses altes „Gesetz“ in Deutschland immer noch Gültigkeit hat und so manchen Craft-Beer-Brauer bei uns in seiner Kreativität hemmen mag.

Kanada jedenfalls -und insbesondere British Columbia- scheint ein Paradies für die Craft-Beer-Szene zu sein. Dazu gehört aber auf jeden Fall -und damit sind wir wieder bei der Überschrift meines heutigen Blogbeitrags- der Zusammenschluß mit der Landwirtschaft oder wie es bei „Persephone“ so schön heißt:

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Das war’s für heute von mir! Ich hoffe, mein kleiner Einblick in die einheimische Landwirtschaft hat Euch gefallen. Ich freue mich jetzt noch auf viele weitere Begegnungen mit interessanten Menschen an interessanten Orten hier in Kanada und demnächst in den USA. Ich werde berichten und wie heißt es so  schön immer zum Abschluß:

Wir lesen uns……

 

 

 

 

 

Recycling – Made in Canada

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Hallo und willkommen zurück!

Wir befinden uns wieder in Sechelt an der Sunshine Coast in Kanada, British Columbia. Dort hatte ich vor zwei Tagen die Ehre und das Vergnügen, Aaron Joe zu treffen, den Inhaber der „Salish Soils Inc.“, einem Unternehmen, das in Sachen „Recycling“ führend auf der „Sechelt Peninsula“ ist.

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Ähnlich wie beim Bier (siehe auch mein Blogbeitrag „Kraftbier“ vom 01.06.2018 https://sabbatkr.wordpress.com/2018/06/01/kraftbier/) bilden wir Deutsche uns ja beim Thema Recycling auch gerne ein, dass wir weltweit führend und Spitze sind. Gelbe Säcke, Grüne Punkte, Blaue Tonnen…wer hat das schon alles? Grund genug, sich einmal näher anzuschauen, wie man beispielswiese an diesem idyllischen Fleckchen Kanadas mit dem Thema „Recyling“ umgeht.

Als wir vor rund 3 Wochen unsere wunderbare Wohnung hier direkt am Sechelt Inlet bezogen, klärte uns unsere Vermieterin Monika über das Thema Mülltrennung mit den Worten auf: „Here in Sechelt, we recycle everything!“. „Okay“, dachte ich, „dann gibt es hier bestimmt eine ganze Menge (verschiedenfarbiger) Tonnen und bestimmt auch noch einen Komposthaufen hinterm Haus oder im Garten.“ Nun, Tonnen in allerlei Farben, wie wir es aus Deutschland kennen, hatten wir hier nicht und einen eigenen Komposthaufen im Garten schon mal gar nicht. Denn hier gibt es Bären in unmittelbarer Nachbarschaft und für die wäre so ein Komposthaufen im wahrsten Sinne des Wortes „ein gefundenes Fressen“.

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Kompost (also sämtliche organische Abfälle wie beispielsweise Gemüsereste, Obstschalen, Kaffeesatz etc.)  wird hier -wie jedes andere Material, das dem Recyling zugeführt werden kann (wie Plastik, Glas, Papier) zunächst im Haus gesammelt und dann regelmäßig zu „Salish Soils“ gebracht. (Von uns aus bequem in ein paar Autominuten zu erreichen und meistens konnten wir eine Fahrt zu „Salish Soils“ direkt mit einer ohnehin geplanten Tour in die nähere Umgebung verbinden.) Daher war alles, was wir in unserem neuen Haushalt vorfanden, einen Kompostbehälter direkt unter der Spüle sowie eine schwarze Tonne für den Restmüll (sofern welcher anfiel) im Außenbereich, gut geschützt gegen Bären und andere neugierige Tiere.

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Und tatsächlich blieb die schwarze Restmülltonne, wie hier auf dem Bild zu sehen, in der Folgezeit meistens leer. Denn fast alles, was am Ende des Tages bei uns an Abfall anfiel, konnten wir nach „Salish Soils“ bringen. Was und wer aber genau ist „Salish Soils“ eigentlich?

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Schauen wir uns dazu erstmal die beiden Worte, die den Unternehmensnamen bilden, separat an: „Soil“ kann übersetzt werden mit „Erde, Ackerboden oder Erdreich“. In Wikpedia heißt es: „Soil a mixture of organic matter, minerals, gases, liquids, and organisms that together support life.“

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„Salish“ wiederum ist abgeleitet von der Bezeichnung für die Ureinwohner der Pazifikregionen Nordamerikas, indianische Ethnien, die auch heute noch als „First Nation People“ in British Columbia in Kanada sowie in den US-Bundesstaaten Washington und Oregon leben.

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(Quelle: http://staff.wwu.edu/stefan/salish_sea.shtml)

Innerhalb dieser „Küsten-Salish“ gibt es wiederum über 50 verschiedene ethnische Gruppen und Stämme, teils mit eigenen Sprachen und kulturellen Riten. Zu ihnen gehören die in Sechelt beheimateten „Shishalh“. (mehr Infos auch unter www.shishalh.com/ ).

(Quelle: www.shishalh.com/photos/our-ancestors-our-heritage )

Heute wird den „First Nation People“ in Kanada nicht nur ermöglicht, ihre Kultur und ihr Erbe zu bewahren, sie sind auch ganz entscheidend am öffentlichen Leben und der ökonomischen und ökologischen Entwicklung des Landes beteiligt, gerade hier an der Sunshine Coast. Und hier ist mein heutiger Gastgeber Aaron Joe ein sehr gutes Beispiel. Als Nachkomme der Ureinwohner dieser Region und Mitglied der „First Nation People“ betreibt er nun seit rund 7 Jahren in Sechelt gemeinsam mit seiner Frau Lori und 10 Mitarbeitern die „Salish Soil Inc.“ Ein Unternehmen, das sich ganz den Themen Recycling, Nachhaltigkeit und Wiederverwertung verschrieben hat. Und das an 7 Tagen in der Woche.

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Anders als bei uns in Deutschland, wo alles häufig doch ein bißchen stärker reguliert ist als im Rest der Welt, wo das „Duale System“ mehr oder weniger flächendeckend das Thema Recyling im ganzen Land abdeckt, ist dies hier in Kanada noch immer weitestgehend eine Angelegenheit privater Unternehmen, wie die „Salish Soils Inc.“

Aufmerksam und neugierig geworden auf „Salish Soils“ waren wir bereits bei unserem ersten Besuch, als wir unsere Kompost- und sonstige Abfälle unserer ersten Tage ablieferten. Und wie wir es schon häufiger positiv während unseres Aufenthaltes in Kanada erfahren hatten, war es sehr leicht, erste Kontakte mit den Einheimischen zu knüpfen und ins Gespräch zu kommen. Aaron ist das, was man gemeinhin als „open-minded“ bezeichnet und war gerne bereit, mich durch sein Unternehmen zu führen und mir zu zeigen, wie „Recycling – Made in Canada“ hier funktioniert. (Und er war auch sehr daran interessiert, wie das Ganze in Deutschland abläuft. Ja, er plant auch, demnächst Deutschland einmal zu besuchen. Ich habe ihn herzlich eingeladen, auch bei uns in Krefeld vorbeizuschauen. Sicher ließe sich da eine Tour bei der EGN Niederrhein organisieren :-))

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„Salish Soils“ nimmt quasi jede Art von wiederverwertbarem Abfall an, sowohl von privaten Haushalten (kostenlos) als auch von gewerblichen Kunden (gegen Gebühr). Darüberhinaus alles was an organischen und  kompostierbaren Haushaltsabfällen anfällt sowie die umfangreichen Grünabfälle, die von der Gemeinde Sechelt angeliefert werden. Und nicht zu vergessen: Tonnen von Fischabfällen aus der verarbeitenden Industrie, die natürlich hier so nahe am Ozean anfallen. All diese kompostierbaren Stoffe bilden das wesentliche ökonomische Rückgrat von „Salish Soils“, denn hieraus wird der kostbare Rohstoff gewonnen, der wiederum verkauft wird an eine immer größer werdende Gemeinde vom Kunden: Fruchtbare Erde, eben „Soil“.

Wie aber wird eigentlich aus Garten-, Küchen und sonstigen organischen Abfällen in relativ kurzer Zeit nutzbarer Boden? Jeder, der schon einmal privat einen Komposthaufen im eigenen Garten gehegt und gepflegt hat, weiß, dass das eine ziemlich langwierige Angelegenheit sein kann. Nun, hier kommt eine Technologie zum Einsatz, die auch in Deutschland angewendet wird, wie Aaron zu berichten weiß (immer schön, wenn jemand, der rund 7.600 km weit von deinem Land entfernt wohnt, dir etwas über deine Heimat erzählen kann, das du bisher selbst nicht wußtest :-). Die sogenannte  GORE® Technologie ermöglicht es, u.a. Gerüche zu kontrollieren und Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Der Komposthaufen wird abgedeckt und zum Boden hin abgedichtet, so dass dieser nach außen physisch abgeschlossen ist. Auf diese Weise wird das zu verrottende Gut vor Vernässen durch Niederschläge oder Austrocknen geschützt. Der durch die Temperaturentwicklung während des Abbaus unter dem Cover entstehende Dampf kondensiert als feiner Film auf der Innenseite der Abdeckung aus. Flüchtige organische Komponenten, wie z.B. geruchsintensive Stoffe lösen sich innerhalb dieses kondensierten Films und tropfen in den Komposthaufen zurück, wo sie von Bakterien und Mikroorganismen weiter abgebaut werden. Dank eines geregelten Belüftungssystems, das den Kompost vom Boden her gleichmäßig und bedarfsgerecht mit Sauerstoff versorgt, wird in jeder Phase der Kompostierung ein für die Mikrorganismen optimales Milieu erhalten. So wird in rund drei Monaten aus Abfall feinste und fruchtbare Erde. Bei einem typischen Hinterhof-Komposthaufen würde dieser Prozess mehr als ein Jahr dauern.

Aaron führte mich sodann auch in die Komposthalle von den Größe eines Fussballfelds, in der diese Technologie in seinem Unternehmen praktische Anwendung findet. Bei saunaartigen Temperaturen hielten wir uns hier aber nur kurz für ein paar Fotos auf, bevor es wieder an die frische Luft ging

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Ganze schön warm hier! 🙂

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Die Kompostier-Halle von außen. Aaron plant übrigens im Rahmen einer Expansion eine Erweiterung dieser Halle. Die Geschäfte laufen wohl bestens….

Die so gewonnen Erde wird dann verkauft an eine stetig größer werdende Kundschaft, sowohl aus dem privaten als auch aus dem gewerblichen Bereich. Dabei können die Kunden zwischen vielerlei Arten von „Soil“ wählen, die hier quasi „komponiert“ werden. So gilt Boden mit einem entsprechenden Anteil an Fischabfällen als besonders fruchtbar. Er riecht allerdings in keinster Weise mehr nach Meeresgetier sondern nur noch herrlich nach Erde und Ackerboden, wie ich mich selbst überzeugen konnte.

IMG_2921Bevor aber nun „Soil“ an die interessierte Kundschaft verkauft wird, wird er zunächst getestet und zwar im betriebseigenen Versuchsgarten, in den mich Aaron anschließend führte. Hier gedeihen in verschiedenen nummerierten Beeten (gemäß der verwendeten „Soil“-Sorte) Gemüse-, Obst- und andere Pflanzen aufs Prächtigste. Auch hier plant Aaron eine Expansion und möchte den nachhaltigen Anbau von Obst und Gemüse auf dem Gelände von „Salish Soils“ weiter ausbauen und vorantreiben.

Neben der Annahme von organischen Abfällen jeglicher Art und deren Weiterverarbeitung zu fruchtbarer Erde, fungiert „Salish Soils“ auch als Sammelstelle für alle sonstigen wiederverwertbaren Abfälle. Hierbei wird u.a. mit Recylingfirmen aus Vancouver zusammengearbeitet. Insgesamt sei das Bewußtsein für Nachhaltigkeit unter den Bewohnern der Sunshine Coast sehr hoch, wie Aaron zu berichten weiß. Die täglichen Mengen an angeliefertem Material von privaten Haushalten und Unternehmen belegen das ebenso wie die äußerst geringe Quote an echtem Restmüll, der am Ende des Tages übrigbleibt, wie wir das schon selbst erfahren durften.

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Und auch Pfandflaschen („Refundables“) werden bei „Salish Soils“ gesammelt. Der Erlös wird einem guten Zweck, der Unterstützung junger Familien beim Hausbau an der Sunshine Coast, zur Verfügung gestellt. Wie Aaron stolz zu berichten weiß, kommen hier so monatlich rund 14.000 CAN$ zusammen, ein schöner Nebeneffekt des „Abfallsammelns“

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„Salish Soils“ ist ein wunderbares Beispiel, wie Tradition und das Bewußtsein des eigenen (Kultur)Erbes, wie es die First Nation People pflegen im Verein mit moderner und zukunftsgerichteter Technologie unsere Erde tatsächlich zu einem besseren Ort machen kann. Mich hat die Zielstrebigkeit und das Engagement, wie Aaron gemeinsam mit seinen Mitarbeitern seine Vision und dieses Konzept umsetzt, nachhaltig beeindruckt. 7 Jahre nach der Gründung steht dieses Unternehmen offenbar sehr gut da. Der Erfolg gibt ihm recht und zeigt, dass sich ökologischer Anspruch und ökonomischer Gewinn keineswegs ausschließen, sondern -im Gegenteil- einander bedingen können im besten Fall.

Wie schon gesagt, möchte Aaron gerne einmal nach Deutschland kommen. Ich würde mich sehr freuen, ihn dann als Gast begrüßen zu dürfen. Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob er da noch etwas von uns lernen kann oder ob es nicht vielmehr umgekehrt sein wird. Ich wünsche ihm, seiner Frau Lori und dem ganzen Team jedenfalls weiterhin von Herzen allen Erfolg bei ihrem Projekt.

Noch mehr Informationen findet Ihr auf www.salishsoils.com/

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So, das war’s für heute mal wieder mit meinen Eindrücken aus Kanada. Dieses Land und besonders die Leute begeistern mich immer mehr, wie man unschwer aus meinen Texten erahnen kann. Ich freue mich auch schon auf meine nächste Einladung. Dann geht es zur „Persephone Brewing Company“ in Gibsons, eine Mikro-Crafbeer-Brauerei, die u.a. auf dem eigenen  Gelände Biohopfen anbaut. Sicher wieder genug Stoff für einen neuen Blog-Beitrag. Aber den gibt es dann demnächst hier!

Allen eine gute Zeit!

Wir lesen uns….

 

 

 

 

Lund – Anfang oder Ende?

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Hallo, liebe Netzgemeinde, da sind wir wieder! Und heute befinden wir uns noch immer im Norden der „Sunshine Coast“, genauer gesagt auf der „Malaspina Peninsula“, wo wir von Powell River weiter auf dem Highway 101 bis zu dem kleinen Städtchen Lund fahren.

„Lund“? Das klingt doch irgendwie eher nach Skandinavien und nicht nach Kanada, oder? Korrekt! Denn 1889 siedelte sich hier der erste Europäer an. Sein Name: Charlie Thulin; er war Schwede und benannte das Gebiet nach seiner Heimatstadt im Norden Europas.

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Und so ein bißchen fühlt man sich hier oben auch erinnert an die skandinavischen Länder mit ihren Küsten und Vielzahl von kleineren und vorgelagerten Inseln. Charlie Thulin jedenfalls fühlte sich hier offenbar sehr schnell heimisch. Bald nach seiner Ankunft baute er das erste Hotel in dieser Region, das „Malaspina Hotel“, übrigens das erste Hotel, das nördlich von Vancouver eine Linzenz zum Alkoholausschank bekam.

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(Quelle: Vancouver Archives)

Heute wohnen rund 350 Menschen in Lund, es ist also recht überschaubar hier. Die Haupteinnahmequellen sind -wie auch in früheren Zeiten- die Fischerei und heute natürlich auch der Tourismus. Lund ist -bezogen auf die beiden Kontinente Nord- und Südamerika- ein ganz besonderer Ort, denn er markiert den Anfang (oder das Ende) der „Pacific Coastal Route“, die als Higway 101 über 15.202 km bis nach Quellon, Porto Monte in Chile führt. Ein kleines Denkmal, gestiftet von zahlreichen Bewohnern Lunds, wie die Kacheln belegen, markiert die „Mile Zero“.

An dieser „Mile Zero“ zu stehen, ist schon ein besonderes Gefühl, denn man kann sich gut vorstellen, dass man von hier aus den großen Trip im Wohnmobil durch Kanada, USA, Mexiko und viele andere Länder antritt, bis man dann nach vielen Monaten am anderen Ende der Welt in Chile ankommt. Tja, man muss ja auch noch ein paar Pläne für die Zukunft haben 😉

Für uns ging es aber heute nicht so weit. Wir blieben noch ein paar Stunden in Lund, um hier die Landschaft, die Ruhe und die herrliche Aussicht zu geniessen.

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Nach einer Wanderung entlang des „Sea Walk“…..

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…ging es dann noch zur Stärkung in „Nancy’s Bakery“. Hier werden einem  laut TripAdvisor die „besten Zimtschnecken (Cinnamon Buns) Kanadas“ versprochen. Und wir konnten dem nach entsprechender Verköstigung derselben nur zustimmen.

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Bald darauf ging es wieder Richtung Süden Richtung Powell River. Am Ortausgang von Lund warfen wir noch einen Blick auf die Karte des „Sunshine Coast Trail“, ein 180 km langer Fernwanderweg, der unweit von Lund startet und sich bis nach Gibsons runter zieht. Na, das wäre auch mal ein interessantes Projekt für uns als passionierte Wanderer.

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Das waren ein paar Impressionen aus Lund. Ein Ort, der sich durchaus zu besuchen lohnt, auch wenn man nicht extra aus Chile dafür anreisen muss. Anfang oder Ende? Keines von beiden! Für uns war Lund eine sehr schöne Zwischenstation auf unserer Reise. Himmlische Ruhe, tolle Aussichten und alleine wegen der Zimtschnecken würden wir jederzeit zurückkehren. Zum  Abschluß noch ein paar Bilder:

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Das war’s für heute mal wieder von mir, liebe Leserinnen und Leser. Wer noch mehr über den Ort Lund und dessen Geschichte erfahren möchte, dem empfehle ich die Website lundbc.ca/home.html .

Beim nächsten Mal sind wir wieder zurück in Sechelt. Dort war ich zu Besuch im Unternehmen „Salish Soils“. Was es damit auf sich hat? Wird im nächsten Blog verraten…

Wir lesen uns….

 

105 Jahre Kinogeschichte

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Hallo meine lieben Leserinnen und Leser und herzlich willkommen zurück!

Noch immer befinden wir uns in Kanada, aber dieses Mal geht es ein Stück weiter in den Norden. Von der „Sechelt Peninsula“ nahmen wir vor drei Tagen die Autofähre, die uns in gut einer Stunde Fahrt über den „Jervis Inlet“ zur Anlegestelle „Saltery Bay“ auf der „Malaspina Peninsula“ brachte.

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Hier oben in Kanada ist das Übersetzen mit Fähren für jemanden, der das nicht ständig macht (wie beispielsweise Berufspendler), schon alleine ein kleines Abenteuer, hat man doch die Gelegenheit, sich auf dem „Sonnendeck“ den Wind um die Nase wehen zu lassen und dabei die atemberaubende kanadische Landschaft sowie das prächtige Zusammenspiel von Licht und Wolken vom Wasser aus zu betrachten.

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Unser Ziel auf der „Malaspina Peninsula“ war dann die Stadt „Powell River“, genauer gesagt das historische Viertel  „Powell River Historic Townsite District“. Dabei handelt es sich um eine Siedlung von rund 400 Gebäuden aus der Anfangszeit des 20. Jahrhunderts, die damals als Heimat von Arbeitern (und deren Angehörige) diente, die in der -noch heute betriebenen- direkt am Meer gelegenen Papiermühle ihren Lohn verdienten.

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Heute ist „Powell River Townsite“  zum einen ein gigantisches Freilichtmuseum, das mittlerweile zum historischen Erbe Kanadas gehört, zum anderen dient es aber auch vielen Einwohnern Powell Rivers auch heute als Heimat in teils aufwendig und sehr schön sanierten Gebäuden.

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Und es tut sich auch etwas in der Gründerszene hier in „Townsite“, ein „Barber“ hat sich beispielweise angesiedelt, der „An Olde Style barbering experience“ anbietet.  Wir trafen den sympathischen Julian in seinem historisch ausgestatteten Salon an, wo er uns voller Begeisterung von den Möglichkeiten und der Aufbruchsstimmung in „Townsite“ zu berichten wußte.

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Und auch eine erstklassige Craftbeer-Brauerei hat sich in „Townsite“ im ehemaligen Postgebäude angesiedelt. Ehrensache, dass wir auch hier einen kleinen Abstecher einlegten inklusive der Verköstigung einiger Arbeitsproben des belgischen Braumeisters.

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Unser eigentliches Ziel in „Townsite“ war aber ein ganz anderes: Das „Patricia Theatre“ im Herzen des Viertels. Das älteste Kino Kanadas, seit 1913 ununterbrochen in Betrieb. Grund genug für uns Filmbegeisterte, sich dieses cineastische Kleinod einmal näher anzuschauen.

Die erste Kontaktaufnahme lief -wie im Zeitalter der sozialen Medien üblich- völlig unkompliziert über Facebook und dann über einen kurzen Austausch per email mit der Besitzerin Ann Nelson, die uns dann herzlich einlud, ihr Filmtheater zu besuchen.

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Als wir dann nachmittags im „Patricia“ ankamen, erwartete uns bereits Ann, eine charmante 76 Jahre junge „Lady“, die seit ihrer Pensionierung rund 16 Jahre zuvor das „Patricia“ gemeinsam mit ihrem Sohn Brian als „Technical Director“ betreibt.

ann(Ann Nelson beim „Powell River Film Festival 2017“ im „Patricia Theatre“ (Quelle: https://thepatriciablog.wordpress.com)

Bevor wir uns dann daran machten, den eigentlichen Kinosaal zu besichtigen, entspann sich mit Ann bereits im Foyer ein lebhaftes Gespräch über Film und Kino im Allgemeinen und das Patricia Theatre im Besonderen. Und dann wurde uns schnell klar, hier lebt jemand bedingungslos für und durch das Kino. An 364 Tagen im Jahr werden hier Kinofilme gezeigt, einzig an Weihnachten gönnt Ann sich einen einzigen Tag Pause. Und in den 16 Jahren war sie -bis auf Ausnahmen, die an einer Hand abzuzählen sind- jeden Abend im Theater, um die Gäste zu begrüßen, Karten zu verkaufen und den Film laufen zu lassen. Sehr beeindruckend!

Und so weiß Ann viel zu erzählen über die Geschichte des Kinos, beispielsweise wie es zu seinem Namen kam (Prinzessin Patricia, Enkelin von Queen Victoria war die „Namensgeberin“). Oder wie es in 2014 zu einer Katastrophe für das „Patrica“ kam, als eine defekte Sprinkleranlage das Kino unter Wasser setzte und in der Folgezeit eine umfangreiche Sanierung und Restaurierung erforderlich machte. (Viele eindrucksvolle Details und Fotos dieser Restaurierung finden sich auf auch der Website http://www.patriciatheatre.com).

Als wir dann den Kinosaal betraten, waren wir direkt ergriffen von seiner Atmosphäre und seiner Schönheit, die so ganz im Kontrast steht zu den heutigen 0815 Multiplex Hallen. Hier hatten wir wahrhaft ein lebendes Stück Kinogeschichte vor uns, bzw. wir waren mittendrin.

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Sonst ist es hier voller!!

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Blick vom Balkon

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Auch die Wandgemälde wurden umfangreich nach der „Flutkatastrophe“ restauriert.

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Nun gilt es aber zu betonen, dass bei aller Geschichtsträchtigkeit, das „Patricia“ keineswegs ein Museum ist, auch wenn es viele museale Aspekte beinhaltet. Nein, das „Patricia“ ist vielmehr ein funktionierendes und auf den aktuellen Stand der (Vorführ)Technik betriebenes Kino. Auch in dem 105 Jahre alten Kino hat die Digitalisierung Einzug gehalten (ermöglicht u.a. durch eine großartige Spendenaktion von filmbegeisterten Powell River Bürgern ein paar Jahr zuvor) und so kann der Kinobesucher die neuesten Filme in Bild und Tonqualität auf dem neuesten Stand im Patricia geniessen. Hinzu kommt, dass der Saal eine großartige Akustik besitzt, die ihn auch für Theater- und Musikaufführungen, die hier stattfinden, bestens geeignet macht. Neben der (heute üblichen) digitalen Abspielung wäre das „Patricia“ aber auch noch in der Lage, Filme in 35 mm zu zeigen, wie uns Ann stolz erzählte. Die komplette Technik ist noch vorhanden, wie uns auch ein Blick in den Vorführraum zeigte:

Da wir ja selbst lange Jahre ein Theater betrieben hatten, wissen wir ja nur zu gut um die Kosten, die so etwas mit sich bringt. Daher waren wir neugierig und fragten Ann, wie sie es schafft, dieses Kino und den durchgängigen Betrieb zu erhalten. Am Ende ist es der unwiderstehliche Enthusiasmus und die Begeisterung für Film und Kino, die sie und ihr Sohn Brian leben kombiniert mit der Unterstützung von Bürgern der Stadt (wie beispielsweise bei der Umstellung auf die Digitalisierung) und der Tatsache, dass hier jeden Abend Filme auf der Leinwand zum Leben erwachen (außer dem bereits erwähnten einen Tag Ausnahme) und Besucher bei äußerst moderaten Eintrittspreisen ins „Patricia“ locken. (Und nicht zu vergessen: Der Verkauf von Popcorn, Softdrinks und Süssigkeiten. „This makes the money“, wie Ann es treffenderweise ausdrückte)

Zwischen 80 – 90 verschiedene Filme zeigt das „Patricia“ in jedem Jahr. Meist wechselt das Abendprogramm nach einer Woche Laufzeit. Daneben gibt es noch Sonderreihen wie „Classic Movies“ und nicht zu vergessen, das „Powell River Film Festival“ welches jährlich im Februar stattfindet.

Was denn ihr persönlicher Lieblingsfilm sei, fragen wir Ann zum Abschluß. (Zugegeben eine gemeine Frage für jemanden, der bestimmt schon weiter über 1.000 Filme alleine von Berufs wegen geschaut hat). So meinte Ann dann auch nach einigem Überlegen, dass es wohl den einen Film für sie nicht gäbe. Einen Film, den sie aber immer wieder anschauen würden, auch wenn er im TV kommt, wäre „Victor und Victoria“ von Blake Edwards mit der wunderbaren Julie Andrews und James „Rockford“ Garner.

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Diesem Urteil konnten wir uns uneingeschränkt anschließen und schon waren wir wieder drin in der schönsten Fachsimpelei über legendären Filmszenen, Schauspieler und Regisseure. Das hätte jetzt noch ewig so weitergehen können, aber so langsam musste Ann das Kino startklar machen für die Abendvorstellung und auch wir mussten schauen, dass wir noch unsere Fähre zurück zur „Sechelt Peninsula“ bekamen, immerhin war der Fährhafen noch rund 35 km entfernt.

So verabschiedeten wir uns herzlich von Ann und wünschten ihr allzeit Erfolg und ein volles Haus, so dass sie ihre Passion, eine Stück Kinogeschichte lebendig zu halten, weiterhin realisieren kann. Das „Patricia“ ist kein Museum, es ist ein Kino. Und ein Kino ist dazu da, Filme zu zeigen. Und das macht Ann. Abend für Abend.

Wunderbar!

So, Ihr merkt es wohl auch, diese Blog ist mir dieses Mal etwas lang geraten. Meiner Begeisterung für das Patricia wegen sei es mir aber gegönnt. So vieles gäbe es noch zu berichten über Kanadas ältestes Kino. Wer noch mehr erfahren möchte, dem lege ich sehr an Herz, sich den angehängten Dokumentarfilm von Andrew Muir anzuschauen. Wundervoll gemacht, sehr stimmungsvoll und informativ.

Werte Leserinnen und Leser, ich verabschiede mich für heute. Beim nächsten Mal gibt es noch eine weitere Story von unserem Trip in den Norden. Dann geht es weiter nach Lund.

In diesem Sinne….

Wir lesen uns!

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Wanderlust II – Jetzt auch in Kanada

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Hallo und herzlich willkommen zurück in meinem kleinen, aber feinen Reiseblog.

Nachdem mir noch der ein oder andere Wanderkilometer und Höhenmeter vom vergangenen Wochenende in den Knochen steckt (man wird ja auch nicht jünger), sitze ich heute mal entspannt am Rechner, um Euch ein bißchen etwas übers Wandern in Kanada zu erzählen.

Als wir im vergangenen Sommer damit starteten, unser „Sabbatical“ zu planen, stand Kanada von Beginn an ganz oben auf der Liste: Ein Land, a) das wir bisher noch nie besucht hatten und b) das wir als Freunde des Wanderns gerne entdecken würden. Nun ist das Land Kanada -sagen wir es mal so- groß. Sehr groß! Um eine Vorstellung davon zu bekommen: Allein die Provinz „British Columbia“, wo wir uns derzeit befinden, hat eine Fläche von sagenhaften 944.735 Quadratkilometer. Das ist mehr als das Zweieinhalbfache der Fläche der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig leben hier nur rund 4,4 Mio Menschen, in Deutschland mehr als 18 mal so viele. Das Land Kanada ist also ziemlich groß…und ziemlich leer. Beste Voraussetzungen für den passionierten Wanderer.

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Nun war uns von Anfang an klar, dass man niemals dieses gesamte Land erwandern kann. (Selbst im „kleinen“ Deutschland gibt es noch genügend weiße Flecken für uns.) Tage- oder gar wochenlang mit einem Wohnmobil durch Kanada zu streifen, dabei tausende von Kilometern abzureißen, um sich dann hier und da mal die Füße zu vertreten, stand auch nicht ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Und so entschieden wir uns ganz bewußt für einen Standort, an dem wir unsere ersten 4 Wochen in Kanada verbringen und von wo wir aus die kanadische Natur, Flora und Fauna „per pedes“ erkunden wollten: Die „Sunshine Coast“, nordwestlich von Vancouver gelegen, abgeschieden und nicht auf dem Landweg, sondern nur mit Fähren erreichbar (oder mit Wasserflugzeugen), mit 2 -3 mittelgroßen Orten wie Sechelt (8.500 Einwohner) oder Gibsons (4.400 Einwohner), aber ansonsten viel, viel Natur. Und groß genug, hier immer wieder Neues zu entdecken in unseren geplanten 4 Wochen.

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Der letzte, dann wirklich ausschlaggebende Grund für unsere Wahl war, dass wir in der Nähe von Sechelt eine wirklich traumhafte Unterkunft für unseren ersten Sabbatical-Monat gefunden haben: Eine Wohnung mit direktem Blick auf den „Sechelt Inlet“, die Meerenge, die sich fast durch die ganze Sunshine Coast zieht. Ein wunderbarer Rückzugsort für müde Wanderer.

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Und so starten wir nunmehr seit rund 2 Wochen unsere Wanderungen von dieser „Basisstation“ aus, zu der wir jeden Abend gerne wieder zurückkehren. Und es gibt an der „Sunshine Coast (SC)“ wirklich viel zu entdecken. In der Nord-Süd Ausdehnung von rund 65 Kilometern bieten sich vielfältige Möglichkeiten, das Land wandernd zu entdecken.  Die SC ist regelrecht übersät mit sogenannten „Parks“. Nun darf man sich diese „Parks“ aber nicht wie in Deutschland vorstellen, mit gepflegten Rasen, sorgfältig arrangierten Blumenpflanzen, Spielplätzen und Rentnerbänken. Nein, hier sind Parks wilde (Ur)Wälder, die direkt hinter der ersten Biegung beginnen, hat man einmal einen Park betreten. Schon bei unserer ersten Wanderung durch den Park „The Hidden Groves“ waren wir von einem Moment auf den anderen in einer anderen Welt und gefangen von der eigenartigen Schönheit der kanadischen Wälder.

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Prächtig wucherndes Farn und Bäume, die mit Moos überwachsen waren, säumten unsere Wege. Bezeichnend auch, dass man hier die Wälder („Parks“) weitgehend sich selbst überläßt und so ein regelrechter Urwald entsteht.

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Nur selten findet man Dinge im Wald, die so gar nicht hierher gehören und wo man sich wirklich fragt, wie dieser hergekommen sind. Aber es ist auch hier zu sehen, dass sich die Natur energisch ihren Platz zurückerobert.

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Und so erwanderten wir uns in den vergangenen zwei Wochen einen „Park“ nach dem anderen und jeder ließ unser Wanderherz höherschlagen: Sei es der „Sargeant Bay Provincial Park“, der „Cliff Gilbert Park“ oder -quasi direkt vor unserer Haustüre- der „Kinnikinnick Park“.

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Zwei Dinge sind noch erwähnenswert, die das Wandern hier in Kanada so besonders machen. Da wäre zunächst die schiere Größe von vielen Bäumen, die weit über das hinausgeht, was man im deutschen Durchschnittswald gewöhnt ist. Im Park „The Hidden Groves“ beispielsweise kann man zum sogenannten „Lonely Giant“ wandern, ein riesiger, über 500 Jahre alter „Douglas Tree“. Beeindruckend!

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Der andere Aspekt, der Wandern hier so besonders macht, heißt „Wildlife“. Ehrlich gesagt, hatte ich mir vor unserer Reise da wenig Gedanken drüber gemacht und in meinem naiven Glauben gedacht, dass „Bären“ beispielsweise erst ein Thema wären, wenn Du ganz tief und weit in die kanadische Wildnis vordringst. Weit gefehlt! Auch an der Sunshine Coast, in direkter Nähe zu den hier wohnenden Menschen (und natürlich auch zu den Wanderern) gibt es „Wildlife“ en masse. So wurden wir bei unserer Ankunft darüber aufgeklärt, dass sich in unmittelbarer Umgebung zu unserem Haus derzeit eine Bärin mit ihrem Junges umtreiben würden (auf Nahrungssuche). An unserem zweiten Tag entdeckten wir bei uns im Garten eine Hinterlassenschaft („Pooh“) die unzweifelhaft auf die Anwesenheit der Bärin in der Nacht schließen ließ. Und auf unseren Wanderungen begegneten wir schon 2 Schwarzbären, von denen wir uns -wie strikt empfohlen- in einer entsprechend respektvollen Entfernung hielten. Die „Bärenklingel“ am Rucksack ist ein beständiger Begleiter bei unseren Wanderungen. Bären halten sich in der Regel von Menschen fern, daher ist ein gewisser „Lärm“ beim Wandern hier Usus. Dass wir bereits nach wenigen Tagen diesen beiden Bären begegnet waren, kann daher auch als Glücksfall gesehen werden. Es waren aber nicht unsere einzigen „Wildlife“-Sichtungen: Wir sahen bereits zahlreichen Weißkopfadler und andere Greifvögel, einen Kojoten (wobei wir nicht ganz sicher sind, ob es vielleicht doch ein Wolf war) und Rehe (auch diese in direkter Nachbarschaft zu Menschen.)

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So, das war ein kleiner Einblick in unsere kanadische Wandererlebnisse. Wir freuen uns noch auf zwei spannende Wochen hier an der Sunshine Coast, bevor es weitergeht auf die andere Seite von Kanada, nach Toronto. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, demnächst hier im Blog….

Allen eine gute Zeit!

Wir lesen uns……

 

 

Auch graue Tage können schön sein….

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Hallo liebe Leser, da bin ich wieder, live aus Kanada!

Eigentlich hatte ich ja versprochen, in meinem nächsten Blog auf Wandererlebnisse und -empfehlungen in meiner derzeitigen Wahlheimat einzugehen. Jetzt muss „Wanderlust 2“ allerdings noch einen Beitrag lang warten. Denn heute möchte ich zunächst einmal Bilder sprechen lassen.

Am vergangenen Freitag hatten wir hier zum ersten Mal das, was man einen „grauen Tag“ nennt und was eigentlich so gar nicht zu dem Etikett „Sunshine Coast“ paßt. Düsterer Himmel, dräuende dunkelgraue Wolken, Wind und Nieselregen. Ein Wetter, bei dem man eher an Noord-Holland denkt als an West-Kanada. Und ein Wetter, bei dem so mancher dann doch lieber zu Hause bleibt und es sich auf dem Sofa mit einem 1,5 l Eimer Salty-Caramel-Vanilleis gemütlich macht, um sich 6 – 8 Staffeln der neuesten Serien auf Netflix reinzuziehen. Doch nicht so bei uns! (Netflix haben wir dann abends geguckt, die neue Serie „Safe“, mit Michael C. Hall („Dexter“). Sehr empfehlenswert, aber das nur am Rande. Wer an mehr Einzelheiten interessiert ist, möge dem angehängten Link folgen. Und außerdem hatte ich nur eine 1 l Packung Eis auf dem Schoß, man soll es ja nicht übertreiben)

https://www.cbsnews.com/news/actor-michael-c-hall-and-author-harlan-coben-talk-new-series-safe/

Wir jedenfalls hatten am Nachmittag unsere bereits im letzten schottischen Sommer erprobten Regenjacken rausgeholt und uns aufgemacht zum Strand bei Sechelt. Unter „Strand“ darf man sich hier aber keinen „Beach“ aus feinstem Sand vorstellen, auf dem sich bei schönsten Wetter menschliche Grillhähnchen bei mehrmaligen Wenden gleichmäßig bräunen, bis sie ein Fall für den Dermatologen sind. Nein, hier bestehen die „Strände“ vorwiegend aus zwei Materialen: Stein und Holz. Auf einer Grundlage von größeren und kleineren Kieselsteinen erblickt das menschliche Auge eine schier unübersehbare Menge von angeschwemmten Treibholz in allen Größen, Arten, Farben und Schattierungen. Dieses Holz wiederum bietet bei näherer Betrachtung (vor allem wenn man ganz nah rangeht) höchst interessante Motive für einen Hobbyfotografen für mich, denn hier hat die Natur im Zusammenspiel mit Holz, Wasser, Wind und Salz teils faszinierende, teils bizarre Kunstwerke geschaffen, die es zu entdecken gilt. Und so möchte im weiteren Verlauf diese Blogbeitrags jetzt auch nicht mehr groß Worte verlieren, sondern lieber die Bilder für sich sprechen lassen.

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So viel für heute aus meiner kleinen virtuellen Fotogalerie. Beim nächsten Mal gibt es dann Neuigkeiten, Eindrücke, Fotos und Infos rund ums Thema „Wandern“ an der Sunshine Coast. Jetzt muss ich schnell an den Kühlschrank, der letzte Rest „Salty Caramel Vanilleeis“ schmilzt mir sonst noch weg.

Wir lesen uns……….

Wanderlust

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„Du musst wandern“ forderte Manuel Andrack, ehemaliger Sidekick von Harald Schmidt und auch bekannt als Deutschlands „Wanderpapst“ die Nation 2005 in seinem gleichnamigen Buch auf. Nun, so weit möchte ich nicht gehen, ich will hier niemanden etwas befehlen. Aber eine uneingeschränkte Empfehlung fürs Wandern, die möchte ich schon abgeben.

Zu Fuß gehen ist für den Homo Sapiens seit jeher eigentlich die natürlichste Fortbewegung, seit er es geschafft hat, sich aufrecht zu halten. Viel später kamen dann Fahrräder, Züge, Kraftfahrzeuge, Rollerblades, Luftkissenboote, Flugzeuge und Joggingschuhe. Vergesst das alles! Gehen, ein Fuß vor den anderen setzen, immer und immer wieder, dabei ausreichend Gelegenheit haben, sich die Umgebung anzuschauen, in der man sich bewegt, ist das einzig Wahre! Und wenn man das Ganze nicht mehr nur zweckgebunden betreibt, um von A nach B zu gelangen, wenn man einfach geht um des Gehens und der Landschaft willen, in der man geht, dann ist man beim Wandern angekommen.

Mit meinen nunmehr 53 Lenzen kann ich bestimmt schon auf mehr als 45 Wanderjahre zurückblicken, denn früh ging es für mich mit den Eltern „in die Berge“ und ich kann mich auch heute noch an so manche schöne Wandererlebnisse beispielsweise im Allgäu, in Tirol oder im Berchtesgadener Land erinnern. Der „Zauberwald“ bei Ramsau ist heute noch eine Reise wert.

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Unvergessen sind auch die „Wandertage“, die in Krefeld jahrelang von der „Westdeutschen Zeitung“ organisiert wurden und wo man vom Startpunkt Stadtwald aus die Gelegenheit hatte, eine Runde von 10, 20 oder 30 km rund um Krefeld zu laufen. Dafür gab es dann die Bronze-, Silber- oder Goldmedaille. Ehrensache, dass es immer Gold sein musste, was man dann auch gerne am nächsten Tag in der Schule zeigte. (Da liefen dann sehr viele Klassenkameraden stolz mit ihrer Medaille herum). Das alles muss so Ende der 70er Jahre gewesen sein, zeitlich genau bekomme ich nicht mehr hin und die Goldmedaillen sind auch alle verschwunden.

Diese Wandertage sind schon lange perdu und heute wandere ich auch nicht mehr um der Medaillen willen, sondern einfach, weil ich es mag. Genau so wie meine Frau, da habe ich Glück und wir gehen den Weg wirklich „gemeinsam“, wie es so schön heißt.

Das Tolle am Wandern ist, dass man es faktisch überall auf der Welt betreiben kann. Allein Deutschland ist ein so großartiges Wandergebiet, in dem Du immer wieder neue Facetten entdecken kannst. Vor zwei Jahren waren wir zum ersten Mal im Harz. „Harz“, das klang irgendwie nach 50/60er Jahre, bürgerlichen Muff und Langeweile. Weit gefehlt! Der Harz bietet eine unübersehbare Anzahl an großartigen Wandermöglichkeiten, oft auf Pfaden, wo Du Stunden keiner anderen Menschenseele begegnest. Hier spürst Du noch die Mystik des Deutschen Waldes hautnah. Und erlebst immer wieder fantastische Ausblicke in die Ferne.

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Oder die Mosel!!! Seit einigen Jahren gibt es den Moselsteig, der dem geneigten Wanderer die Möglichkeit bietet vom Dreiländereck bei Perl (Deutschland/Luxembourg/Frankreich) über 24 Etappen rund 365 km bis nach Koblenz zu laufen, durch malerische Moseldörfer, hoch und runter durch die Weinberge und immer entlang einer der berühmtesten deutschen Flüsse. Die  „New York Times“ hat den Moselsteig im Jahr 2016 übrigens als einer der „52 Places to go“ in der Welt ausgezeichnet.

Am besten aber ist, sich selbst zu überzeugen. Zum Beispiel auf der Etappe von Nittel nach Konz, die immer wieder großartige Einblicke auf unser Nachbarland Luxembourg gewährt.

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Da wir ja in unmittelbarer Nachbarschaft zu unseren niederländischen Freunden leben, ergibt es sich oft auch, dass wir jenseits der Grenze auf Wanderschaft gehen. Die Niederlande sind nicht nur für Fahrradfahrer sondern auch für Wanderer ein wahres Paradies. Im Gegensatz zu Deutschland, wo häufig die Wanderwege von örtlichen oder überregionalen Wandervereinen fest vorgegeben und beschildert sind, hat man bei unseren Nachbarn die Möglichkeit, sich auf sehr einfache Weise seine eigene, individuelle Wanderroute zusammenzustellen, und das ohne GPS oder Kompass.  Hier ist das sogenannte „Wandelen via Wandelknoopunten“ sehr populär. Jede Kreuzung von Wanderwegen ist individuell nummeriert und bietet immer wieder neue, unendlich viele Möglichkeiten, seine Wanderwege neu zu kombinieren.

https://www.wandel.nl/wandelroutes/bewegwijzering/wandelen-via-wandelknooppunten.htm

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Natürlich läßt sich auch etwas weiter weg von Deutschland (und den Niederlanden) trefflich wandern. Im vergangenen Jahr haben meine Frau und ich uns an den „West Highland Way“ in Schottland gemacht. Von einem Vorort Glasgows aus ging es in einer guten Woche auf rund 155 km in die schottischen Highlands bis nach Fort William. Ein grandioser Trip. der uns zudem alle Facetten des schottischen Wetters bescherte (ja, gute Regenkleidung ist ein Freund des Wanderers). Besonders die Streckenführung entlang von Loch Lomond begeisterte immer wieder mit geradezu cinesmascopeartigen Ausblicken auf Schottlands größtes Binnengewässer.

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Nun sind wir also in unserem Sabbatical unterwegs. Als die Frage anstand, in welche Regionen der Welt wir denn gerne reisen wollen während unserer Auszeit, war natürlich auch der Aspekt des Wanderns ein ausschlaggebender Punkt. Und so fängt unsere Zeit nicht zufällig in Kanada an. Und eigentlich wollte ich ja auch hier über Kanada schreiben, bin aber jetzt irgendwie ins Schwärmen gekommen übers „Wandern“. Zum Thema „Kanada auf Schusters Rappen entdecken“ daher demnächst an dieser Stelle mehr. Versprochen!

Aber jetzt muss ich erstmal wieder raus, meine Wanderstiefel sind schon geschnürt. Schließlich gibt es hier noch viel zu entdecken. Ihr könnt Euch ja auch in der Zwischenzeit auf den Weg machen, ein paar Anregungen habt Ihr ja jetzt.

Bis dahin, ein gute Zeit!

Wir lesen uns….

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Der Camembert-Index

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Der Deutsche im allgemeinen redet ja nicht gerne über Geld, wir machen es heute aber mal trotzdem. Zumindest ein bißchen.

Wenn man beschließt. rund 3 1/2 Monate in der Welt rumzureisen, ist es wohl kein großes Geheimnis, zu verraten, dass man dafür auch bißchen Geld in die Hand nehmen muss (und nicht nur das, man muss es auch hergeben…“loslassen“, wie es so schön heißt), auch wenn man jetzt nicht Business Class fliegt und ausschließlich in 5 Sterne Hotel absteigt. (Es ist schon erstaunlich, welche Dumpingpreise man ergattern kann, wenn man sich nur früh genug um seine Flüge kümmert: Für eine paar Flüge, die wir für die kommenden Monate für Reisen innerhalb der USA gebucht haben, kommt es mir eher so vor, als hätte ich Bustickets gekauft. Ich weiß, ich weiß. das ist alles nicht gut für meinen persönlichen CO2 Abdruck, aber dafür gehe ich ja andererseits oft auch brav zu Fuß. Ob das die Sache allerdings ausgleicht, steht auf einem anderen Blatt). Und auch von teuren Hotelbuchungen haben wir Abstand genommen; die meiste Zeit verbringen wir in Wohnungen, wie jetzt gerade in Sechelt an der Sunshine Coast in British Columbia, Kanada, die den Bruchteil eine Hotelzimmers kosten, gleichzeitig aber großartigen Komfort bieten und dir bereits nach kürzester Zeit das Gefühl vermitteln, Zuhause zu sein. Besser hätten wir es hier nicht antreffen können. Ein Frühstück an einem wunderbaren kanadischen Morgen mit Seeblick, unbezahlbar.

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Als wir uns entschieden, die ersten gut 1 1/2 Monate unserer Auszeit in Kanada zu verbringen, wußten wir aber natürlich auch, dass wir nicht in ein Dritte-Welt-Land reisen würden und dass das Preisniveau -nach allem was wir vorher gelesen haben und was uns Freunde erzählt hatten- im Land des Ahornblattes durchaus eines der höheren in dieser Welt sein wird.

Als jemand, der -beruflich bedingt- ein Großteil seiner Zeit in Luxembourg verbringt und daher schon „Kummer gewöhnt“ ist (ganz zu schweigen von Ausflügen in die Schweiz), dachte ich zunächst, dass mich da so schnell nichts schocken kann. Bis wir dann – am Tag nach unsere Ankunft in Vancouver- dort unseren ersten Supermarkt besuchten: Den „Whole Foods Market“ auf der Robson Street in VC Downtown.

Ein solcher Laden lief wohl in Deutschland unter der Bezeichnung „Biomarkt“, riesige Auswahl, alles „local“, „organic“ und „gluten-free“ (das steht selbst auf Produkten drauf, in denen noch NIE Gluten waren…aber egal)

Zugegeben, es macht schon richtig Spaß, durch einen solchen Laden mit dieser Vielfalt zu stöbern und sich vorzustellen, was man demnächst dort alles Leckeres kaufen wird, wenn man erstmal die Ferienwohnung mit Küche bezogen hat und sich daran macht, all die lokalen Produkte kulinarisch zu testen und selbst zuzubereiten.

Irgendwann ging dann unser Blick auch mal auf die kleinen Täfelchen, die jeweils unter den Produkten angebracht waren und das war der Moment der Erkenntnis: Kanada ist wirklich verdammt teuer, dagegen wirkt Luxembourg wie eine Discounter-Paradies.

Ich möchte dies an einem kleinen Beispiel verdeutlichen: Ein alltägliches Produkt, das wir in Deutschland alle (so wir es mögen) einfach in den Einkaufswagen verfrachten, ohne groß über den Preis nachzudenken: Camembert oder auch „Brie“. Diese Käsespezialität gibt es beispielsweise bei ALDI schon für 1,09 EUR für eine 200g Ecke in durchaus akzeptabler Qualität. Ein Blick in die Käseecke im Whole Foods Market offenbart uns einen Preis von 13,99 CAN$ für eine kleine 150g Rotunde, das macht schlanke 9,25 EUR umgerechnet. Wooom! Das saß!

In diesem Moment wurde uns klar, dass wir unser Einkaufsverhalten in den kommenden Wochen und Monaten wohl ein wenig umzustellen würden – im Gegensatz dazu , wie man in seiner Heimat einkauft. Seien wir ehrlich, wer schaut in Deutschland bei jedem Produkt, das er in seinen Einkaufswagen packt, noch genau auf den exakten Preis? Natürlich passiert das auch hier und da, aber bei den meisten Produkten, die wir sowieso kaufen wollen/müssen (Milch, Brot, Eier etc.) wissen wir ja um den ungefähren Preis, der sich auch über längere Zeit nicht wirklich dramatisch verändert. Zudem haben wir uns daran gewöhnt, in einer Art Schlaraffenland zu leben, wo sich Discounter wie ALDI, LIDL, PENNY & Co. in einem aberwitzigen Preiskrieg gegenseitig unterbieten, dafür aber häufig doch Produkte in guter bis sehr guter Qualität liefern und selbst Supermärkte im scheinbar höherwertigen Segment wie REWE oder EDEKA noch weit unter dem Preisniveau liegen, das man hier in Kanada antrifft. Das hat häufig zur Folge dass man eigentlich viel zu viel, oft über den eigenen Bedarf hinaus. einkauft. Laut einer Studie des WWF werfen die Deutschen insgesamt 313kg Lebensmittel weg…in jeder Sekunde. Das sind unfassbare 18 Millionen Tonnen pro Jahr und fast ein Drittel des gesamten Nahrungsmittelbedarfs der Deutschen.

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Nun ist man also in Kanada und denkt auf einmal: „Ok, ich kaufe wirklich nur das, was ich auch verbrauche, esse, trinke etc. Nichts wird weggeschmissen. Bevor etwas Neues gekauft wird, wird überlegt, ob der Kühlschrank nicht doch noch ausreichend gefüllt ist.“

Und es funktioniert tatsächlich sehr gut. Wir sind jetzt seit rund einer Woche in unserer traumhaften Wohnung in Sechelt an der Sunshine Coast und es mangelt uns wirklich an nichts. Aber wir kaufen sehr bewußt und zielgerichtet ein und wir brauchen auch wirklich alles auf. Und was übrig bleibt, z.B. an Gemüseabfällen, wird hier kompostiert und recycelt. Recycling wird hier übrigens ganz groß geschrieben, da können wir „Gelben Säcke“ aus Deutschland sogar noch was lernen, darüber mal später mehr.

Mittlerweile haben wir bereits eine ganze Reihe von Supermärkten aufgesucht. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie das Preisniveau im jeweiligen Laden aussieht, suchen wir jetzt immer zuallererst die Käsetheke auf und schauen uns die Preise für Camembert an. Ja, wir haben für uns so etwas wie den „Camembert-Index“ erfunden, ähnlich dem „Big-Max-Index“, mit dem Wirtschaftswissenschaftler seit vielen Jahren bereits die Kaufkraft verschiedener Währungen vergleichen.

https://www.economist.com/content/big-mac-index

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Als Liebhaber von gutem Käse müssen wir aber auch sagen, dass das Angebot an Molkereierzeugnissen dieser Art hier in Kanada nicht das Beste ist. Es sind zwar keine Kunstprodukte (gut, die gibt es auch, zum Beispiel aus der Tube) aber die Qualität eines -sagen mir mal holländischen- Käseladens wird hier bei weitem nicht erreicht.

Neulich waren wir auf einem kleinen, aber feinen lokalen Markt in Gibsons Landing an der Südspitze der Sunshine Coast. Einer der Händler hielt mich wohl für einen Holländer (nicht aufgrund meines Akzentes, wie mir später klar wurde, sondern wohl wegen meiner „Amsterdam“-Kappe) und erzählte uns ganz begeistert, dass er neulich einen ganzen Container voll mit echtem „Dutch Cheese“ innerhalb von einer Stunde unters Volk gebracht hat. Die Leute hätten ihm den Käse quasi aus der Hand gerissen.

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Das brachte meine Frau und mich jetzt doch ins Grübeln. Wenn es hier so wenig Käse von der Qualität aus dem guten alten Europa gibt, andererseits aber eine hohe Nachfrage danach besteht, gibt es hier wohlmöglich eine Marktlücke oder den Keim für eine zündende Geschäftsidee?? Vor unserem geistigen Auge sahen wir schon unseren eigenen „Original Dutch Cheese Shop“ an der Sunshine Coast, mit feinstem importieren Käse von „Old Amsterdam“ über „Gouda“ und „Edamer“ bis hin zu „Maaslander“ und „Leerdamer“ Käse. Das würde ein Knaller. Zuächst ein exclusiver Shop in exponierter Lage, dann mehrere über die ganze Insel verteilt, später dann die Expansion auf ganz Kanada im Franchise Verfahren, quasi ein „Starbucks“ des Käse, mit vielen tausend Läden im gesamten Ahorn-Ländle. Man fängt gern schon mal an zu spinnen, wenn man zu viele freie Zeit hat….warum auch nicht.

Was wir dann tatsächlich mal gemacht haben -bei einem Tässchen guten Kaffees (natürlich „organic“)- im Black Bean Café: Wir haben mal im Netz einen Blick auf die Zollbestimmungen bzgl. Einfuhren von Molkereierzeugnissen aus der EU nach Kanada geworfen. Ein erster Blick reichte aus, um zu verstehen, dass hier ein mindestens 3jähriges Studium erforderlich sein wird, um die Zollbestimmungen trotz des vor kurzem ausgehandelten Freihandelsabkommen CETA (das eigentlich Aus- und Einfuhren zwischen Kanada und den EU-Ländern erleichtern soll) auch nur im Ansatz zu verstehen. Unser Käseimperium muss also wohl noch warten.

Außerdem wollen wir ja eigentlich relaxen und uns nicht schon wieder in die Arbeit stürzen. Heute Abend lassen wir es übrigens richtig krachen: Im Kühlschrank liegt noch eine Ecke Camembert! Dazu schmeckt sicher am besten ein guter Rotwein! Aber für eine Flasche müsste ich wohl eine Hypothek aufnehmen…..obwohl…die Zinsen sind ja gerade günstig!

Wir lesen uns….

 

 

 

 

Kraftbier!!!!

Heute wollen wir mal über Kultur sprechen. Also jetzt nicht über Literatur, Theater, Musik oder Film, obwohl ich das alles sehr gerne mag. Heute geht es um Trinkkultur, auch ein wichtiger Aspekt des menschlichen Daseins, denn schließlich besteht der Körper des ausgewachsenen Homo Sapiens zu rund 70% aus Wasser. Da muss man öfters nachgießen als bei seinen Zimmerpflanzen (zumindest kriegen meine nicht so viel ab, wenn ich Zuhause bin, die freuen sich jetzt sicherlich, dass von sie von lieben Freunden und Familienmitgliedern verhätschelt und vertätschelt werden. Wartet nur ab, bis ich wieder nach Hause komme…ok dauert ja noch rund 3 Monate…)

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Aber ich schweife ab. Also: Trinkkultur. Keine Angst, es folgt jetzt keine Abhandung über die Vorteile von bei Vollmond abgefüllten Mineralwasser aus den Gletschern den Hochhimalaya, wo am besten noch ein Yeti reingepinkelt hat. Es soll auch nicht um Weine gehen, die sich durch ein „kräftiges Umbrarot“ auszeichnen und den Gaumen umschmeicheln mit „sumpfig-eleganten Zinkdüften“ und „an unreifen Heidelbeeren erinnerende Duftnoten“ ausweisen und dann im Abgang mit einer leichten Spur von „altem Autoreifen und kräftigen Tanninen aus altem norwegischen Eichenholz“ nachhallen.“

Nein , hier geht es schlicht um Bier.

Wir Deutschen bilden uns ja eine Unmenge ein auf unsere Braukünste, von wegen Reinheitsgebot seit 1516, beste Rohstoffe, beste Biere usw. Dabei produzieren die deutschen Großbrauereien seit Jahren -zwar in guter bis sehr guter Qualität- eigentlich nur Langeweile. Der Markt wird beherrscht von sogenannten Premiumsorten, deren alkoholfreie Varianten auch gerne fernsehwirksam von Jogis Jungs geschluckt werden. Und diese Sorten, egal ob „mit Felsquellwasser gebraut“ oder das „einzig Wahre“ schmecken vor allem: Austauschbar.

Auch wenn mir jetzt der ein oder andere „Bierkenner“ sicher am liebsten aufs Dach steigen möchte, ich mache jede Wette, dass man bei einer Blindverkostung nicht herausfinden könnte, ob das vor einem stehende Pilsener in der Eifel, im Sauerland oder in Bremen gebraut wurde. „Sail away“ hieß es lange in der Werbung der letztgenannten Brauerei aus Norddeutschland, und das ist wahrscheinlich auch, was man machen sollte, wenn man wirklich mal eine andere Bierkultur kennenlernen möchte: Ganz weit wegfahren.

So richtig bewußt wurde mir das zum ersten Mal, als wir im vergangenen Jahr den „West Highland Way“ in Schottland wanderten. Schottland – ein Land von dem man kulinarisch und auch in Sachen Bier nicht viel erwartet (bei Trinkkultur denkt man hier eher an Whiskey – gut da wurden wir auch nicht entäuscht:-)). Aber wir mussten unsere Meinung schnell revidieren. Jeden Abend, wenn wir müde und hungrig vom Wandern in einen Pub oder Restaurant einkehrten, erwartete uns wirklich gutes Essen (kein einziger Fehlgriff) und auch noch im hinterletzten Pub eine Bierauswahl (vom Fass), die hierzulande in den meisten Kneipen und Restaurants noch ihresgleichen sucht. Schauen Sie sich beim nächsten Gastrobesuch in Deutschland mal die Theke genauer an und zählen die Zapfhähne. Oft ist da nur ein einziger, aus dem das bereits erwähnte Premiumbier fließt. In jedem schottischen Pub fanden wir im Durchschnitt mindestens 10 vor. Da war vom Dark über Amber Ale bis zum IPA alles dabei.

Gut, natürlich gibt es auch in Deutschland rühmliche Ausnahmen. In Hamburg, im Schanzenviertel (ja genau dort, wo nach dem G20 Gipfel einiges an Aufräumarbeiten anstand) gibt es das „Alte Mädchen“, das mit einer wunderbaren und reichhaltigen Getränkekarte mit selbstgebrautem „Craft-Beer“ glänzt. Beim nächsten Hamburg Besuch unbedingt probieren! Und auch, wen es zufällig mal in meine Heimatstadt Krefeld verschlägt (wenn er nicht es das „Glück“ hat, dort zu wohnen), sollte einmal den „Dachsbau“ ausprobieren, dessen Auswahl an Fassbieren einem schottischen Pub in nichts nachsteht.

Nun bin ich also in Kanada gelandet. Und über amerikanische Biere rümpft der Deutsche ja bekanntlich erst recht seine Nase. Nun, ich werde hier auch keine Bud Light, Millers oder Coors aus der Dose ausprobieren, dafür gibt es hier eine viel zu große Palette lokaler kleiner Brauereien, die eine schier unübersehbare Fülle an handgemachten Bieren rausbringen. Die mit speziellen Hopfenarten experimentieren und den Bieren Geschmacksvariationen verleihen, die weit über die unserer sogenannten Premiumbiere hinausgehen. Natürlich ist das nicht jedermanns Sache, manches mag dem ein oder anderen auch zu exotisch schmecken. Eines ist es aber auf jeden Fall nicht: Langweilig.

In den ersten Tagen unserer Reise, als wir noch in Vancouver waren, hatten wir das Glück, ohne Reservierung einen Tisch in Craft Beer Market zu ergattern (http://www.craftbeermarket.ca/). Den Besucher erwartet eine großartige Atmosphäre, bestes Essen und eine Bierkarte mit rund 100(!) Bieren vom Fass. Hier kann man echt verdursten, weil man sich bei der Auswahl nicht entscheiden kann :-). Am Ende entschieden wir uns u.a. für ein

WHISTLER BLACK TUSK ALE

auf der Bierkarte folgendermaßen beschrieben:

„A dark, English-style mild ale. You can expect a mild bitterness with notes of chocolate and roasted coffee, and a very clean finish“

Und das klingt doch fast wieder wie Wein, oder?

In diesem Sinne: Prost!

Wir lesen uns!